Die Integrationsvorlehre als Hilfe für Flüchtlinge

Zollikofen/Bern, 27. April 2017 – Oft fehlt Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen der Zugang zur Arbeitswelt. Ab 2018 soll die Integrationsvorlehre helfen, dies zu ändern. An einer Tagung haben das Eidgenössische Hochschulinstitut für Berufsbildung EHB und das Staatssekretariat für Migration SEM heute in Bern vor rund 200 Teilnehmenden das Pilotprojekt vorgestellt und die damit verbundenen Herausforderungen beleuchtet.

EHB

Die Integrationsvorlehre soll Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen ab 2018 den Einstieg in die Berufswelt erleichtern. Zusammen mit dem Eidgenössischen Hochschulinstitut für Berufsbildung EHB bereitet das Staatssekretariat für Migration SEM die Grundlagen für die neuen einjährigen Ausbildungslehrgänge vor. Jährlich 800 bis 1000 Plätze sind das Ziel. Die Integrationsvorlehre soll auf eine Berufslehre vorbereiten. Vorerst wird sie als vierjähriges Pilotprogramm eingeführt.

Rund 70 Prozent der Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen im Alter von 18 bis 39 Jahren haben laut Angaben des SEM Potenzial, um in den Schweizer Arbeitsmarkt integriert zu werden. Konkret sind das jährlich rund 4000 Personen. Sie haben entweder Berufserfahrung oder in ihrem Herkunftsland bereits eine Ausbildung angefangen oder abgeschlossen.

Eingabefrist im Herbst

Um das Pilotprojekt umzusetzen, sind insbesondere die Berufsbildungsämter der Kantone sowie die Berufsverbände und weitere Organisationen der Arbeitswelt gefordert. „Das Interesse der Kantone an der Integrationsvorlehre ist gross“, erklärt Adrian Gerber, Chef der Abteilung Integration beim SEM. Bis im Herbst können die Kantone Projekte einreichen.

„Wer eine Integrationsvorlehre macht, soll berufsbezogene Kompetenzen erwerben können“, beschreibt Erziehungswissenschaftlerin Ursula Scharnhorst von der Abteilung Forschung & Entwicklung des EHB das Ziel. Mit möglichst viel Praxisbezug in einem Berufsfeld soll die Integrationsvorlehre Sprachkompetenzen, schulische Grundkompetenzen, aber auch Sozial- und Selbstkompetenzen vermitteln und fördern, die für einen erfolgreichen Berufsweg zentral sind. Nicht zu unterschätzen ist laut Scharnhorst auch das Rekrutierungsverfahren. „Es ist wichtig zu klären, was die Leute für einen Rucksack mitbringen, um geeignete Personen für diese Vorlehren aufnehmen zu können.“ Scharnhorst arbeitet als Bildungsexpertin an der Konzeption der Integrationsvorlehre mit.

 

Besondere Herausforderungen

Als Kontext der neuen Grundausbildung darf die aussergewöhnliche Situation nicht vergessen werden, in der sich unbegleitete Minderjährige Asylsuchende (UMA) befinden. „Nebst dem entwicklungsbedingten Stress haben sie Stress, weil ihre bekannten sozialen Ressourcen nicht mehr existieren“, sagt Psychiaterin Gisela Perren-Klingler. Schulen und Lehrplätze könnten überfordert sein durch kulturelle Unterschiede, falsche Erwartungen oder die beidseitige Unfähigkeit, sich anzupassen.

Gerade die Gruppe der Jugendlichen ohne Ausbildung und Arbeit stelle für die Gesellschaft eine besondere Herausforderung dar, betont Rolf Widmer, Präsident der Schweizerischen Stiftung des Internationalen Sozialdienstes und Gründer des Vereins tipiti, der auch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unterstützt.

Flüchtlinge seien nicht nur Leidtragende. „Sie verfügen auch über Fähigkeiten und Potenziale“, gibt Osman Osmani zu bedenken. Er lebt seit 1993 als politisch anerkannter Flüchtling in der Schweiz und ist seit 1999 eingebürgert. Osmani arbeitete sich vom Kellner über den SBB-Zugassistenten zum Nationalen Gewerkschaftssekretär für Migration hoch – und ist damit ein Beispiel dafür, dass man auch als Flüchtling beruflich erfolgreich sein kann.

 

Adressen für Rückfragen:

EHB:
Lucia Probst, Kommunikation EHB, 058 458 28 01, @email

SEM:
Information und Kommunikation SEM, 058 465 78 44; @email