Projekt

Auslegeordnung «Anrechnung von Bildungsleistungen in der beruflichen Grundbildung»

Der Bundesrat hatte im Mai 2019 Massnahmen zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials beschlossen. Diese Studie betraf die Massnahme 4 «Anrechnung von Bildungsleistungen», die vom SBFI zusammen mit den Kantonen umgesetzt wurde. Sie hatte das Ziel, eine schweizweite Auslegeordnung der im Jahre 2020 aktuellen Umsetzung der Anrechnung von Bildungsleistungen in der beruflichen Grundbildung zu erstellen.

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Die Studie hatte das Ziel, eine Übersicht über die aktuelle Situation der Anrechnung von Bildungsleistungen an berufliche Grundbildungen in sämtlichen Kantonen der Schweiz im Jahr 2020 zu gewinnen. Die Ergebnisse bildeten eine wichtige Grundlage, um Instrumente und Prozesse zur Anrechnung von Bildungsleistungen bei Erwachsenen weiterzuentwickeln oder neu zu erarbeiten.

Die Anrechnung von Bildungsleistungen wird als ein Prozess verstanden, der bereits in der Phase der Beratung stattfindet, bevor sich eine erwachsene Person für einen geeigneten Weg zum Berufsabschluss entscheidet (SBFI, 2018a, 2018b). Die Anrechnung von Bildungsleistungen ist demnach nicht gleichzusetzen mit der Validierung von Bildungsleistungen, die in der Schweiz ein sogenanntes anderes vom SBFI anerkanntes Qualifikationsverfahren (QV, BBG, Art. 33) in der beruflichen Grundbildung ist.

Konkret wurden die folgenden Fragen beantwortet:

  1. Welche Anrechnungsformen (Zulassungen, Dispensationen, Verkürzungen) werden wie häufig praktiziert?
  2. Welche Instrumente werden von den Kantonen für die Anrechnung von Bildungsleistungen in der beruflichen Grundbildung eingesetzt?
  3. Gibt es etablierte Prozesse und Methoden zur Anrechnung von Bildungsleistungen, und wie sind diese gestaltet?
  4. Welches sind aus der Sicht der Kantone die grössten Herausforderungen bei der Umsetzung der Anrechnung von Bildungsleistungen in der beruflichen Grundbildung?
Methode

Um die Fragen zu beantworten, wurde zum einen ein standardisierter Online-Fragebogen entwickelt und eine Erhebung in allen Kantonen der Schweiz durchgeführt. Zum anderen wurden in einzelnen Kantonen vertiefende qualitative Interviews durchgeführt.

Ergebnisse

Die Auslegeordnung widerspiegelt die Situation der Anrechnung von Bildungsleistungen in den Kantonen im Grundsatz zum Zeitpunkt der Datenerhebung.Aus den Ergebnissen geht eine grosse Heterogenität bei den praktizierten Formen und den Häufigkeiten der Anrechnung in den Kantonen hervor. So wird von den verschiedenen Formen der Anrechnung nur die Verkürzung der beruflichen Grundbildung in allen Kantonen umgesetzt. Grosse Unterschiede bestehen auch bei den Kriterien, Prozessen und Methoden, nach denen in den Kantonen Anrechnungsentscheide gefällt werden. Während in gewissen Kantonen Anrechnungsentscheide anhand definierter Kriterien gefällt werden, wird in anderen Kantonen im Einzelfall entschieden. Einige Kantone überprüfen die Voraussetzungen anhand eines online eingereichten Dossiers, in anderen Kantonen werden die Kandidatinnen und Kandidaten zum persönlichen Gespräch eingeladen. Dadurch unterscheidet sich der Standardisierungsgrad der Anrechnungsentscheide erheblich.

Bei der Umsetzung der Anrechnung von Bildungsleistungen sehen sich die Kantone mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert. Am häufigsten genannt wurde die Schwierigkeit, Gleichbehandlung und ein einheitliches Vorgehen inter-, aber auch intrakantonal umzusetzen.  Auch die Anrechnung informeller und nichtformaler Bildungsleistungen stellt eine grosse Herausforderung dar, da diese oft nicht eindeutig mit den Bildungszielen des erstrebten Berufs übereinstimmen, was die Abklärung der Anrechenbarkeit komplex und aufwendig macht. Dass in den Kantonendafür unterschiedliche Vorgehensweisen und Hilfsmittel eingesetzt werden, erschwert die Gleichbehandlung über die kantonalen Grenzen hinweg zusätzlich.Bei der Zusammenarbeit zwischen dem kantonalen Bildungsamt und den Beratungsstellen stellt sich zudem die Klärung der Zuständigkeit als Herausforderung heraus.

Um den Herausforderungen zu begegnen, erachten die Kantone Massnahmen zur Gleichbehandlung inter- als auch intrakantonal als besonders wichtig. Dazu gehören u.a. eine Vereinheitlichung der Hilfsmittel, die bei der Anrechnung von Bildungsleistungen eingesetzt werden, die Etablierung eines standardisierten Vorgehens bei der Umsetzung der verschiedenen Verfahren, ein regelmässiger Austausch mit allen in den Überprüfungs- und Entscheidungsprozess involvierten Akteuren sowie die Klärung der Zuständigkeiten.