Erläuterungen zu den Berufsauswertungen

Ergänzend zum Bericht von Gehret, Aepli, Kuhn & Schweri (2019) sind die Kosten und Nutzen der Berufsbildung aus Sicht der Betriebe in 33 Berufsauswertungen ausgewiesen.

Eine Gruppe junger Frauen und Männer mit Berufsutensilien in der Hand
KOM EHB

Um Leserinnen und Lesern Vergleiche zwischen den 33 analysierten Lehrberufen zu ermöglichen, werden dabei stets dieselben Kosten- und Nutzenparameter sowie deren wichtigsten Bestandteile ausgewiesen und diskutiert. Dies geschieht anhand von zwei Tabellen und zwei Abbildungen pro Lehrberuf. Die folgenden Erläuterungen sollen helfen, den Inhalt dieser Tabellen und Abbildungen zu verstehen. Weiter werden auch die Erhebung und die Berechnung des Nutzens aus der Übernahme von Lernenden kurz erläutert. Umfassende Darstellungen zur Datenerhebung und zur Berechnungsweise der Kosten und Nutzen (Kosten-Nutzen-Modell) finden sich im Bericht zur Studie.

In der Einleitung zu jeder Berufsauswertung finden sich statistische Angaben zum jeweiligen Lehrberuf. Sie wurden aus den Daten der Statistik der beruflichen Grundbildung (SBG) des Bundesamtes für Statistik berechnet, die auch der Stichprobenziehung für die Kosten-Nutzen-Erhebung zugrunde liegen.

Tabelle 1: Bruttokosten, produktive Leistungen und Nettonutzen

Die Tabelle 1 bietet eine Übersicht über die Bruttokosten und die produktiven Leistungen in Franken, die den Betrieben im betreffenden Lehrberuf in den einzelnen Lehrjahren entstehen. Die letzte Spalte summiert die Werte aus den einzelnen Lehrjahren und entspricht den totalen durchschnittlichen Bruttokosten und produktiven Leistungen eines Betriebs über die ganze Lehrdauer. Der Nettonutzen ergibt sich aus den produktiven Leistungen abzüglich der Bruttokosten. Entsprechend ist der Nettonutzen positiv, wenn die produktiven Leistungen in einem Lehrjahr grösser als die Bruttokosten sind. Umgekehrt bedeuten negative Werte, dass die Betriebe in diesem Lehrjahr im Durchschnitt Nettokosten tragen, weil die Bruttokosten die produktiven Leistungen im entsprechenden Lehrjahr übersteigen.

Die Werte in den «+/-»-Zeilen informieren über das Vertrauensintervall. Ein Beispiel: Der Nettonutzen beträgt 6000 Franken, +/- 2000 Franken. In diesem Fall ist das Vertrauensintervall der Bereich zwischen 4000 und 8000 Franken. Das Vertrauensintervall ist ein Mass für die statistische Unsicherheit der berechneten Grössen. Die Durchschnittswerte wurden für eine Zufallsstichprobe aller Schweizer Ausbildungsbetriebe berechnet, die nur eine Teilmenge aller Lehrverhältnisse im Ausbildungsjahr 2016/17 erfassen. Würde man verschiedene Stichproben ziehen, wären die berechneten Durchschnitte jeweils etwas anders. Das Ausmass dieser zufälligen Schwankungen hängt von zwei Faktoren ab. Der erste Faktor ist die Stichprobengrösse. Es gilt: Je mehr Lehrverhältnisse den Auswertungen zugrunde liegen – diese Zahl ist jeweils zu Beginn jeder Berufsauswertung angegeben –, desto näher liegen die Werte in der Tabelle 1 an den wahren Durchschnittswerten aller Lehrverhältnisse im entsprechenden Beruf und desto kleiner ist das Vertrauensintervall (+/-).

Zweitens hängt das Vertrauensintervall von der Varianz der Angaben der antwortenden Betriebe ab. Wenn die Betriebe sehr unterschiedliche Angaben zu ihren Bruttokosten im ersten Lehrjahr machen, dann schwankt auch der berechnete Durchschnitt der Bruttokosten in verschiedenen Stichproben stärker. Es gilt: Je unterschiedlicher die Angaben der antwortenden Betriebe, desto unsicherer ist der berechnete Mittelwert und desto grösser ist das Vertrauensintervall (+/-).

Falls der betreffende Beruf bereits in der Erhebung zum Ausbildungsjahr 2009/10 (Strupler & Wolter 2012) ausgewertet wurde, findet sich an dieser Stelle oder am Ende der Berufsauswertung ein Vergleich mit den damaligen Resultaten.

Abbildung 1: Bestandteile der Bruttokosten

In der Abbildung 1 werden die Bestandteile der in der Tabelle 1 zusammengefassten Bruttokosten in 1000 Franken und pro Lehrjahr ausgewiesen. Grundsätzlich umfasst dies alle Kosten, die den Betrieben in direktem Zusammenhang mit der Lehrlingsausbildung entstehen (siehe Kapitel 2 im Bericht).

Tabelle 2: Bruttomonatslöhne der Lernenden

Die Tabelle 2 liefert Angaben zu den im Lehrberuf bezahlten Bruttomonatslöhnen. Die in der Tabelle ausgewiesenen Bruttomonatslöhne sind der wichtigste Bestandteil der in der Abbildung 1 ausgewiesenen «Lehrlingslohnkosten». Allerdings umfassen die Lehrlingslohnkosten im Gegensatz zu den Bruttomonatslöhnen auch Lohnnebenkosten, allfällige regelmässige und unregelmässige Lohnbestandteile und einen 13. Monatslohn.

In der Tabelle 2 werden das 25. Perzentil, der Median sowie das 75. Perzentil ausgewiesen. Beim Median liegt je die Hälfte aller im Lehrberuf bezahlten Löhne darüber beziehungsweise darunter. Das 25. Perzentil bezeichnet den Lohn, unter dem 25 Prozent oder ein Viertel aller im Lehrberuf bezahlten Löhne liegt. Entsprechend liegen 75 Prozent aller im Lehrberuf bezahlten Löhne unter dem 75. Perzentil beziehungsweise 25 Prozent darüber. Der Median gibt somit Auskunft über den mittleren Lohn, das 25. und 75. Perzentil dagegen über die Streuung der bezahlten Löhne: Liegen das 25. und 75. Perzentil nahe beieinander, ist die Streuung der Löhne gering, und umgekehrt.

Abbildung 2: Zeitanteile der Lernenden am betrieblichen Arbeitsplatz

In der Abbildung 2 werden drei verschiedene Arten von Zeiten unterschieden, welche die Lernenden am Arbeitsplatz im Betrieb verbringen. Entscheidend ist die Tätigkeit, welche die Lernenden am Arbeitsplatz ausüben:

  • Fachkraft-Tätigkeiten sind für den Betrieb produktive Tätigkeiten, die ansonsten von fertig ausgebildeten Fachkräften des entsprechenden Berufs ausgeführt würden.
  • Ungelernten-Tätigkeiten sind für den Betrieb produktive Tätigkeiten, die ansonsten von ungelernten Arbeitskräften ausgeführt würden.
  • Sonstige Tätigkeiten sind unproduktive Tätigkeiten wie Übungen, Selbstlern- oder Unterweisungszeiten am Arbeitsplatz.

Erhoben wurden bei den Betrieben die Zeitanteile in Prozent, welche die Lernenden am Arbeitsplatz mit diesen Tätigkeiten verbringen. Die gesamte Zeit am Arbeitsplatz entspricht dabei 100 Prozent. Die Zeiten für produktive Tätigkeiten bilden die Grundlage für die Berechnung der produktiven Leistungen (Tabelle 1).

Nutzen aus der Übernahme von Lernenden

Kosten durch die Lehrlingsausbildung können den Betrieben naturgemäss nur während der Lehrdauer entstehen. Dagegen profitieren Betriebe über die Lehrdauer hinaus von ihrer Ausbildungstätigkeit, wenn sie ausgebildete Lernende in ihrem Betrieb weiterbeschäftigen. Dadurch lassen sich Kosten für die Rekrutierung und Einarbeitung von externen Fachkräften sparen. Basis für die Berechnung des Nutzens aus der Übernahme von Lernenden («rekrutive Opportunitätskosten») bilden deshalb die durchschnittlichen Kosten, die einem Betrieb bei der Rekrutierung und Einarbeitung einer Fachkraft vom externen Arbeitsmarkt entstehen.

Weiter wird für die Berechnung des effektiven Nutzens aus Übernahmen von Lernenden berücksichtigt, dass nicht alle Lernenden im Betrieb bleiben. Dies kann einerseits aufgrund von Lehrabbrüchen geschehen und andererseits, weil Lernende den Betrieb nach der Lehre verlassen. Beides vermindert den Nutzen aus der Übernahme von Lernenden für die Ausbildungsbetriebe. Allerdings scheiden teilweise auch extern rekrutierte Fachkräfte nach kurzer Zeit wieder aus dem Betrieb aus. Auch dies wird bei der Berechnung berücksichtigt, weil es indirekt den Nutzen aus der Übernahme von Lernenden erhöht, die im Betrieb verbleiben.

Literatur

Gehret, A., Aepli, M., Kuhn, A. & Schweri, J. (2019). Lohnt sich die Lehrlingsausbildung für die Betriebe? Resultate der vierten Kosten-Nutzen-Erhebung. Zollikofen: Eidgenössisches Hochschulinstitut für Berufsbildung.

Strupler, M. & Wolter, S.C. (2012). Die duale Lehre: eine Erfolgsgeschichte auch für die Betriebe: Ergebnisse der dritten Kosten-Nutzen-Erhebung der Lehrlingsausbildung aus der Sicht der Betriebe. Zürich: Rüegger.

Impressum

Die vorliegende Berufsauswertung basiert auf der vierten Kosten-Nutzen-Erhebung der beruflichen Grundbildung. Der Hauptbericht und Informationen zur Erhebung sind verfügbar unter www.ehb.swiss/obs/kosten-nutzen-betriebe
Autoren der Berufsauswertungen: Alexander Gehret, Manuel Aepli, Andreas Kuhn, Jörg Neumann, Fabian Sander, Jürg Schweri