Projekt

Studie zu den Bedürfnissen von aktiven und nicht mehr aktiven Pflegefachkräften und zu ihrer möglichen Teilnahme am Projekt Re Care

Studien und Untersuchungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass sich künftig in allen industrialisierten Ländern einschliesslich der Schweiz ein starker Mangel an Pflegepersonal bemerkbar machen wird. Dies ist auf die stärkere Nachfrage nach Gesundheitsleistungen, insbesondere in der Langzeitpflege und in der Behandlung chronischer Krankheiten, zurückzuführen, da sich die Bevölkerungsstruktur, die Umwelteinflüsse und die Arbeitskultur, aber auch das Arbeitsumfeld vieler aktiver und auszubildender Pflegefachkräfte verändert haben.

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Die Studie war Teil des kantonalen Projekts Re Care (Resilienz und Wiedereingliederung von Pflegefachkräften), mit der gleichzeitig die Bestandserhaltung des Pflegepersonals und die Wiedereingliederung nicht mehr aktiver Fachkräfte in die Langzeitpflege erreicht werden sollten. Dazu gehörten integrierte Massnahmen in den Bereichen Management, aktuelle Pflegefachkräfte (in verschiedenen Funktionen) und qualifizierte Fachkräfte, die nicht mehr in der Branche arbeiteten, aber zu tragfähigen Konditionen wieder eintreten wollten. Mit Re Care sollte ein gezieltes und innovatives Weiterbildungsangebot eingeführt und getestet werden, dank dem sowohl das aktive Pflegepersonal als auch mögliche Rückkehrerinnen und Rückkehrer in den Beruf mehr Pflegeleistungen erbringen konnten. Das Projekt Re Care verfolgt diese Ziele:

Innerhalb des Projekts Re Care waren drei Pilotversuche geplant:

  1. Interprofessionelle Zukunftsworkshops in sechs Langzeitpflege-Abteilungen zur Förderung von Reflektion, Austausch und Planung angesichts der aktuellen Pflegeanforderungen und der neusten Änderungen;
  2. Vorbereitung und Supervision eines modularen Weiterbildungsprogramms zum Thema Langzeitpflege;
  3. Entwicklung einer Weiterbildung mit dem Titel „Wohlbefinden in der Pflegearbeit“, die sich an die Leiterinnen und Leiter der betreffenden Pflegeabteilungen richtete und die mit den Partnerorganisationen in Zusammenarbeit mit den am Projekt beteiligten kantonalen Organisationen und Behörden ausgearbeitet wurde.

Die hier beschriebene Studie war Teil der Aktion B und sollte insbesondere Umfragen enthalten, mit denen sich eine Weiterbildung zum Thema Langzeitpflege entwerfen liesse, die dem Bedarf des aktiven und nicht mehr aktiven Pflegepersonals Rechnung tragen und Kontextdaten für die Durchführung von Aktion C liefern würde.

Methode

Die allgemeine Methode des Projekts Re Care beruhte auf der theoretischen Grundlage der Aktionsforschung mit einem partizipativen Ansatz in rekursiver Anwendung. Die Umfragen der Aktion B ihrerseits beruhten auf dem Ansatz der Mixed Method Research und sollten folgende Fragen beantworten:

  1. Welche Aspekte tragen zur Aufrechterhaltung bzw. zum Abbruch der Pflegetätigkeit in den Gesundheitseinrichtungen des Tessins bei?
  2. Welche Hinweise ergeben sich für die Aus- und Weiterbildung des Pflegepersonals?
  3. Welche Hinweise ergeben sich für die Förderung der Treue von Pflegefachkräften in den eigenen Gesundheitseinrichtungen bzw. für ihre Rückkehr in den Beruf? 

Um diese Fragen zu beantworten, wurden zwei Arten von Untersuchungen gestartet:

  • eine dokumentarische Recherche: nationale und internationale Studien und neuere Statistiken zum Projekt Re Care sowie Projekte und gute Praxis im Sektor (davon wurden 15 ermittelt) entweder über die Treue oder über die Rückkehr von Pflegefachkräften;
  • eine Felduntersuchung: bestehend aus semistrukturierten Interviews (mit 20 Personen), aus der Veröffentlichung eines Online-Fragebogens (100 Befragte) für die Bestimmung des beruflichen Werdegangs und des Bedarfs sowie aus drei Fokusgruppen zur Diskussion der Interview- und Fragebogenergebnisse (24 Beteiligte).
Ergebnisse

Dank der dokumentarischen Recherche war es möglich, die Problemstellung zu beschreiben, die für den Mangel an Pflegepersonal verantwortlichen Faktoren zu bestimmen und anhand der Analyse der Projekte, der jüngsten Studien und von Beispielen guter Praxis mögliche Massnahmen für eine Verbesserung der Situation zu beschreiben. Die Felduntersuchung ihrerseits erlaubte, die Erfahrungen einiger beteiligte Personen zu dokumentieren (in der Region tätige und nicht mehr tätige Pflegepersonen sowie Fachexperten). Nachfolgend sind die Ergebnisse zu den drei oben erwähnten Fragen zusammengefasst:

  1. Welche Aspekte tragen zur Aufrechterhaltung bzw. zum Abbruch der Pflegetätigkeit in den Gesundheitseinrichtungen des Tessins bei?

    Die Ergebnisse der dokumentarischen Recherche und der Felduntersuchung zeigen, dass die Aspekte, die für eine Aufrechterhaltung der Pflegetätigkeit ausschlaggebend sind, dieselben sind wie diejenigen, die bei einer Nichterfüllung bestimmter Voraussetzungen zum Abbruch führen können. Der Vergleich der Ergebnisse macht deutlich, wie wichtig es ist, in psychosoziale Aspekte des Wohlbefindens und insbesondere in Massnahmen in vier Bereichen zu investieren: berufliche Entwicklung und Weiterentwicklung des Personals, Sicherheit und Gesundheit, positive soziale Beziehungen sowie Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Massnahmen in allen vier Bereichen auf kantonaler Ebene scheinen ein guter Weg zu sein, um zu erreichen, dass das Pflegepersonal im Beruf verbleibt und zufrieden ist und dass zu häufige berufliche Wechsel vermieden werden können.
     
  2. Welche Hinweise ergeben sich für die Aus- und Weiterbildung des Pflegepersonals?

    Ausgehend von den Voraussetzungen für die Förderung der Treue aktiver Pflegefachkräfte und wirksamer Wiedereingliederungsmassnahmen für inaktive Pflegefachkräfte wurden einige Verbesserungsvorschläge für die Ausbildung erarbeitet. Dabei stehen zwei Bereiche im Mittelpunkt: Der erste ist die berufliche Entwicklung und Weiterentwicklung der Pflegefachkräfte als ständige Investition in allen Phasen der beruflichen Laufbahn (Ausbildung, berufliche Sozialisierung, Einarbeiten in neue Abteilungen nach organisatorischen Wechseln, Wiedereingliederungs- und Weiterbildungskurse). Der zweite Bereich umfasst die Verbesserung von Sicherheit und Gesundheit, was sich mit Kursen für mehr Resilienz und einer Stärkung der für Gesundheitsschutz und Risikoeindämmung bestimmenden Faktoren erreichen lässt. Vor allem die Teilnehmenden der Felduntersuchung betonten, wie wichtig eine Unterstützung bei der Stressbewältigung sei.
     
  3. Welche Hinweise ergeben sich für die Förderung der Treue von Pflegefachkräften in den eigenen Gesundheitseinrichtungen bzw. für ihre Rückkehr in den Beruf?

    Bei dieser Frage ergaben die Untersuchungen, dass es vor allem darum geht, Begleitstrukturen zu schaffen, die eine Beratung sowie supervisierte und bezahlte Praktika umfassen. Dies betrifft erneut den Bereich berufliche Entwicklung und Weiterentwicklung der Pflegefachkräfte, der im Gesundheitssektor eine ganz besondere Bedeutung hat. Die Befragten wiesen ausserdem dem Bereich Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben mit einer flexiblen Arbeitszeitregelung einen hohen Stellenwert zu. Dieser Bereich war nicht nur für Pflegefachkräfte mit Kindern mit Betreuungsbedarf wichtig, sondern für immer mehr Mitarbeitende, die allgemein mehr Freizeit und Zeit für Erholung wünschen.

Diese Überlegungen bildeten den Ausgangspunkt für die Gestaltung der Kurse für die Wiedereingliederung von Pflegepersonal beim Centro professionale sociosanitario e infermieristico (CPSI) von Bellinzona und Manno im Schuljahr 2022-2023. Sie dienten auch als Grundlage für die dritte Aktion des Projekts Re Care für “Wohlbefinden in der Pflegearbeit”, das noch immer umgesetzt wird.