Lehrvertragsauflösungen an Berufsfachschulen vorbeugen

Nachdem das Schweizerische Observatorium für die Berufsbildung OBS EHB in seinem ersten Trendbericht festgestellt hat, dass schweizweit rund ein Viertel der EBA-Lehrverträge aufgelöst werden, kommt eine neue Evaluations-Studie der EHB zum Schluss, dass Präventionsmassnahmen an Berufsfachschulen hohe Ansprüche an die Lehrpersonen stellen, aber erfolgreich eingeführt werden können.

EHB

Wie frühzeitige Interventionen zu Beginn der Lehre Lehrvertragsauflösungen vorbeugen können, schildert das Werk des Autorenteams um Andreas Grassi, "Gemeinsam zum Erfolg". Darauf gestützt wurde ein Modell erarbeitet, das drei Elemente verbindet: die systematische Früherfassung der Passung zwischen Person und Ausbildungsanforderungen, die individuelle Lernförderung und -beratung bei erkannten Passungsproblemen sowie eine intensivierte Lernortkooperation zwischen Schule und Lehrbetrieb, um gemeinsam mögliche Lösungen zur Erhaltung des Lehrverhältnisses zu erarbeiten.

Im Schuljahr 2015/16 haben zwei Berufsfachschulen dieses Modell umgesetzt. Das Projekt wurde von Buchautor Andreas Grassi begleitet und von der EHB evaluiert. Der Schwerpunkt der Evaluation lag auf der Gewinnung von formativen Informationen, also Hinweise auf eine gute Praxis sowie auf notwendige Anpassungen. Eine Schule setzte das Projekt flächendeckend mit allen Erstlehrjahrs-Lernenden um, die zweite Schule mit einer Teilgruppe von acht Klassen. Insgesamt nahmen drei Projektleitende, 39 Lehrpersonen und 27 Erstlehrjahrs-Klassen mit rund 440 Lernenden aus zwei Berufsgruppen teil, «Bauwesen» und «Hotel/Gastgewerbe», die häufig von Lehrvertragsauflösungen betroffenen sind.

An beiden Schulen kommt eine Mehrheit der Lehrpersonen zum Schluss, dass man durch diese Art der Früherfassung gezielten Förderbedarf identifizieren und Lernende unterstützen kann. An beiden Schulen wird das Projekt deshalb weitergeführt. Die Umsetzung des Konzepts «Gemeinsam zum Erfolg» ist indessen ein umfassendes und aufwendiges Schulentwicklungsprojekt, das zeitliche und finanzielle Ressourcen erfordert. Die Projektleitung braucht einen möglichst direkten Zugang zur Schulleitung.

Die grösste Akzeptanz und Wirkung scheint das Projekt zu entfalten, wenn es in die bestehenden Ziele der Schule integriert werden kann. Die Anforderungen an die Motivation und die Qualifikation der Projektleitung sind hoch. Sie sollte nicht von weiteren Schulaktivitäten beansprucht werden. Um das Potenzial der Zusammenarbeit und des Austauschs im Klassenteam nutzen zu können, sollte die Zusammenarbeit in der Projektdurchführung explizit mitgeplant werden.

Weil es sich um einen Pilotversuch handelt, wurde mit der Evaluation ein verbesserungsorientierter Zweck verfolgt. Aufgrund der noch ausstehenden Umsetzung von wichtigen Programmelementen ist eine generelle Wirksamkeitsabschätzung noch nicht möglich. Mittels der fallvergleichenden Perspektive werden jedoch Gelingensfaktoren und Stolpersteine für die Einführung des Modells dargelegt.

Weitere Informationen

Ellen Laupper, Projektleiterin Fachstelle Evaluation, @email, +41 58 458 27 92