Neue Etappe im Projekt: «Betriebliche Berufsbildnerinnen und Berufsbildner»

Neue Erkenntnisse ermöglichen ein besseres Verständnis der Heterogenität der betrieblichen Berufsbildnerinnen und Berufsbildner, ihrer Haltungen gegenüber den Lernenden und ihrer Wahrnehmung der Herausforderungen in der dualen Berufsbildung.

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Das Forschungsprojekt «Betriebliche Berufsbildnerinnen und Berufsbildner und ihre Schlüsselrolle bei der beruflichen Sozialisierung» (SNF Nr. 100017_153323) beleuchtet den Alltag dieser wichtigen Akteure des Berufsbildungssystems, deren Rolle oft verkannt wird und noch kaum untersucht wurde. Die Ergebnisse zeigen, mit welchen Herausforderungen die Berufsbildnerinnen und Berufsbildner in Betrieben konfrontiert sind (Spannungsfeld «produktiv arbeiten/ausbilden», Zeitmangel, ständige Unterbrechungen, fehlende Anerkennung) und welche Arbeiten und Rollen sie in dieser Schlüsselposition übernehmen. Die Ergebnisse heben auch die grosse Vielfalt der nebeneinander existierenden Funktionszuschreibungen hervor (Ausbildungsverantwortliche/r, Lehrlingsausbildner/in, Lernendenbetreuer/in, praktische/r Ausbildner/in).

Weiter unterstreichen sie die Unterschiede nach Branche, Unternehmensgrösse oder Ausbildungspolitik des Lehrbetriebs, in denen die Berufsbildnerinnen und Berufsbildner tätig sind. Eine Dissertation[1], die Roberta Besozzi (ehemals EHB) im Rahmen des Projekts durchgeführt und am 9. März 2022 an der Universität Lausanne verteidigt hat, hat die Heterogenität der Berufsbildnerinnen und Berufsbildner und ihre unterschiedlichen Haltungen gegenüber der Ausbildung beleuchtet. Besozzi schlägt eine Typisierung von Berufsbildnerinnen und Berufsbildnern auf der Basis von zwei Analyseschwerpunkten vor, nämlich der Zufriedenheit mit der ausbildenden Funktion (gering oder hoch) und ihrer Vorstellung von der Rolle der Lernenden (Lernende als Schüler/in, Lernende als Arbeitskraft).

Die Analyse brachte vier Idealtypen von Berufsbildnerinnen/Berufsbildnern hervor: die «Selbstunternehmer/innen», die «Garantinnen/Garanten des Berufs», die «Umsteiger/innen» und die «Resignierten» Diese Typisierung ermöglicht es nicht nur, die Heterogenität der Berufsbildnerinnen und Berufsbildner zu beschreiben, sie erlaubt es darüber hinaus, festzustellen, welche Ziele sie bei der Ausbildung von Lernenden verfolgen (Arbeitskräfte ausbilden, Nachwuchskräfte für den Beruf ausbilden, Bürger/innen ausbilden), wie sie die Lernenden pädagogisch begleiten und welche Strategien sie bei der Bewältigung der täglichen Herausforderungen einsetzen.

Die Erkenntnisse geben Aufschluss darüber, wie die Veränderungen in der Arbeitswelt sich auf die duale Berufsbildung auswirken und wie Berufsbildnerinnen und Berufsbildner je nach Haltung, die sie vertreten, die Herausforderungen der dualen Berufsbildung unterschiedlich wahrnehmen.

Die Ergebnisse der Dissertation ermöglichen letztlich nicht nur ein besseres Verständnis der Rolle dieser Schlüsselpersonen des Berufsbildungssystems, sondern auch Ansätze für die Erarbeitung gezielter Handlungsmöglichkeiten. So könnten die Anerkennung der Funktion, die institutionelle Unterstützung oder die Weiterbildungsangebote je nach Profil der Berufsbildnerinnen und Berufsbildner anders ausfallen.

 

[1] Besozzi, R. (2022). Les personnes formatrices d’apprenti·e·s en entreprise : parcours professionnels et rapports à la fonction en Suisse romande. Lausanne: Universität Lausanne (nicht veröffentlicht).