PEX-Handbuch – 5. BBG und BBV - Relevante Gesetzesartikel

Etwas mit einem Messinstrument messen
EHB

BBG und BBV - Die relevanten Artikel für die Qualifikationsverfahren

  • Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Berufsbildung (Berufsbildungsgesetz, BBG)
    (Stand am 1. Januar 2013)
  • Verordnung vom 19. November 2003 über die Berufsbildung (Berufsbildungsverordnung, BBV)
    (Stand am 1. Januar 2013)

5.1 Berufsbildungsgesetz BBG

Art. 1 Grundsatz
1 Die Berufsbildung ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Kantonen und Organisationen der Arbeitswelt (Sozialpartner, Berufsverbände, andere zuständige Organisationen und andere Anbieter der Berufsbildung). Sie streben ein genügendes Angebot im Bereich der Berufsbildung, insbesondere in zukunftsfähigen Berufsfeldern an.

2 Die Massnahmen des Bundes zielen darauf ab, die Initiative der Kantone und der Organisationen der Arbeitswelt so weit als möglich mit finanziellen und anderen Mitteln zu fördern.

3 Zur Verwirklichung der Ziele dieses Gesetzes:

- a. arbeiten Bund, Kantone und die Organisationen der Arbeitswelt zusammen;
- b. arbeiten die Kantone und die Organisationen der Arbeitswelt auch je unter sich zusammen.

 

 

 

 

Art. 3 Ziele
Dieses Gesetz fördert und entwickelt:

- a. ein Berufsbildungssystem, das den Einzelnen die berufliche und persönliche Entfaltung und die Integration in die Gesellschaft, insbesondere in die Arbeitswelt, ermöglicht und das ihnen die Fähigkeit und die Bereitschaft vermittelt, beruflich flexibel zu sein und in der Arbeitswelt zu bestehen;
- b. ein Berufsbildungssystem, das der Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe dient;
- c. den Ausgleich der Bildungschancen in sozialer und regionaler Hinsicht, die tatsächliche Gleichstellung von Frau und Mann sowie die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen;
- d. die Durchlässigkeit zwischen verschiedenen Bildungsgängen und -formen innerhalb der Berufsbildung sowie zwischen der Berufsbildung und den übrigen Bildungsbereichen;
- e. die Transparenz des Berufsbildungssystems.

 

 

Art. 8 Qualitätsentwicklung
1 Die Anbieter von Berufsbildung stellen die Qualitätsentwicklung sicher.

2 Der Bund fördert die Qualitätsentwicklung, stellt Qualitätsstandards auf und überwacht deren Einhaltung.

Art. 17 Bildungstypen und Dauer
1 Die berufliche Grundbildung dauert zwei bis vier Jahre.

2 Die zweijährige Grundbildung schliesst in der Regel mit einer Prüfung ab und führt zum eidgenössischen Berufsattest. Sie ist so ausgestaltet, dass die Angebote den unterschiedlichen Voraussetzungen der Lernenden besonders Rechnung tragen.

3 Die drei- bis vierjährige Grundbildung schliesst in der Regel mit einer Lehrabschlussprüfung ab und führt zum eidgenössischen Fähigkeitszeugnis.

4 Das eidgenössische Fähigkeitszeugnis führt zusammen mit dem Abschluss einer erweiterten Allgemeinbildung zur Berufsmaturität.

5 Die berufliche Grundbildung kann auch durch eine nicht formalisierte Bildung erworben werden; diese wird durch ein Qualifikationsverfahren abgeschlossen.

 

Art. 19 Bildungsverordnungen
1 Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) erlässt Bildungsverordnungen für den Bereich der beruflichen Grundbildung. Es erlässt sie auf Antrag der Organisationen der Arbeitswelt oder, bei Bedarf, von sich aus.

2 Die Bildungsverordnungen regeln insbesondere:

- a. den Gegenstand und die Dauer der Grundbildung;
- b. die Ziele und Anforderungen der Bildung in beruflicher Praxis;
- c. die Ziele und Anforderungen der schulischen Bildung;
- d. den Umfang der Bildungsinhalte und die Anteile der Lernorte;
- e. die Qualifikationsverfahren, Ausweise und Titel.

3 Die Qualifikationsverfahren für die nicht formalisierten Bildungen orientieren sich an den entsprechenden Bildungsverordnungen.

4 Die Bildungsverordnungen werden in Form eines Verweises nach Artikel 5 Absatz 2 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 2004 in der Amtlichen Sammlung des Bundesrechts veröffentlicht.

Art. 33 Prüfungen und andere Qualifikationsverfahren
Die beruflichen Qualifikationen werden nachgewiesen durch eine Gesamtprüfung, eine Verbindung von Teilprüfungen oder durch andere vom SBFI anerkannte Qualifikationsverfahren.

 

Art. 34 Anforderungen an Qualifikationsverfahren
1 Der Bundesrat regelt die Anforderungen an die Qualifikationsverfahren. Er stellt die Qualität und die Vergleichbarkeit zwischen den  Qualifikationsverfahren sicher. Die in den Qualifikationsverfahren verwendeten Beurteilungskriterien müssen sachgerecht und transparent sein
sowie die Chancengleichheit wahren.

2 Die Zulassung zu Qualifikationsverfahren ist nicht vom Besuch bestimmter Bildungsgänge abhängig. Das SBFI regelt die  Zulassungsvoraussetzungen.

 

Art. 35 Förderung anderer Qualifikationsverfahren
Der Bund kann Organisationen fördern, die andere Qualifikationsverfahren entwickeln oder anbieten.

 

Art. 36 Titelschutz
Nur Inhaberinnen und Inhaber eines Abschlusses der beruflichen Grundbildung und der höheren Berufsbildung sind berechtigt, den in den  entsprechenden Vorschriften festgelegten Titel zu führen.

 

Art. 37 Eidgenössisches Berufsattest
1 Das eidgenössische Berufsattest erhält, wer die zweijährige Grundbildung mit einer Prüfung abgeschlossen oder ein gleichwertiges Qualifikationsverfahren erfolgreich durchlaufen hat.

2 Es wird von der kantonalen Behörde ausgestellt.

 

Art. 38 Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis
1 Das eidgenössische Fähigkeitszeugnis erhält, wer die Qualifikationsverfahren bestanden oder ein gleichwertiges Qualifikationsverfahren erfolgreich durchlaufen hat.

2 Es wird von der kantonalen Behörde ausgestellt.

 

Art. 40 Durchführung der Qualifikationsverfahren
1 Die Kantone sorgen für die Durchführung der Qualifikationsverfahren.

2 Das SBFI kann Organisationen der Arbeitswelt auf deren Antrag die Durchführung der Qualifikationsverfahren für einzelne Landesteile oder für die ganze Schweiz übertragen.

 

 

 

Art. 41 Gebühren
1 Für die Prüfungen zum Erwerb des eidgenössischen Fähigkeitszeugnisses, des eidgenössischen Berufsattests und des eidgenössischen Berufsmaturitätszeugnisses dürfen von den Kandidatinnen und Kandidaten und von den Anbietern der Bildung in beruflicher Praxis keine Prüfungsgebühren erhoben werden.

2 Für unbegründetes Fernbleiben oder Zurücktreten von der Prüfung und für die Wiederholung der Prüfung sind Gebühren zulässig.
 

 

Art. 53 Pauschalbeiträge an die Kantone
1 Die Pauschalbeiträge an die Kantone werden zur Hauptsache auf der Grundlage der Anzahl Personen bemessen, die sich in der beruflichen Grundbildung befinden. Sie tragen zudem dem Umfang und der Art der Grundbildung sowie dem Angebot an höherer Berufsbildung angemessen Rechnung. Der Bundesrat kann weitere Kriterien berücksichtigen.

2 Die Pauschalbeiträge werden für folgende Aufgaben geleistet:

- a. Angebote an:

  1. Fachkundiger individueller Begleitung von Lernenden in zweijährigen beruflichen Grundbildungen (Art. 18 Abs. 2),
  2. Massnahmen zur Vorbereitung auf die berufliche Grundbildung (Art. 12),
  3. Berufsfachschulen (Art. 21),
  4. überbetrieblichen Kursen und Kursen an vergleichbaren Lernorten (Art. 23),
  5. allgemein bildendem Unterricht für die Vorbereitung auf die Berufsmaturität (Art. 25),
  6. vorbereitenden Kursen für die eidgenössischen Berufsprüfungen und die eidgenössischen höheren Fachprüfungen (Art. 28),
  7. Bildungsgängen an höheren Fachschulen (Art. 29),
  8. berufsorientierter Weiterbildung (Art. 30-32),
  9. Veranstaltungen der Bildung für Berufsbildnerinnen und Berufsbildner (Art. 45),
  10. Qualifizierung der Berufs-, Studien- und Laufbahnberaterinnen und -berater (Art. 50).

- b. die Durchführung von Prüfungen und anderen Qualifikationsverfahren (Art. 40 Abs. 1) unter Vorbehalt von Artikel 52 Absatz 3 Buchstabe c.

 

 

Art. 61 Rechtsmittel
1 Rechtsmittelbehörden sind:

- a. eine vom Kanton bezeichnete kantonale Behörde für Verfügungen kantonaler Behörden und von Anbietern mit kantonalem Auftrag;
- b. das SBFI für andere Verfügungen von Organisationen ausserhalb der Bundesverwaltung;
- c. und d. aufgehoben.

2 Im Übrigen richtet sich das Verfahren nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesverwaltungsrechtspflege.

Art. 63 Titelanmassung
1 Mit Busse wird bestraft, wer:

- a. einen geschützten Titel führt, ohne die erforderlichen Prüfungen bestanden oder ein gleichwertiges Qualifikationsverfahren erfolgreich durchlaufen zu haben;
- b. einen Titel verwendet, der den Eindruck erweckt, er oder sie habe die entsprechende Prüfung bestanden oder ein gleichwertiges Qualifikationsverfahren erfolgreich durchlaufen.

2 Die Strafbestimmungen des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb bleiben vorbehalten.

Art. 64 Strafverfolgung
Die Strafverfolgung obliegt den Kantonen.

5.2 Berufsbildungsverordnung BBV


Art. 30 Anforderungen an Qualifikationsverfahren (Art. 33 und Art. 34 Abs. 1 BBG)
1 Für Qualifikationsverfahren gelten folgende Anforderungen:

- a. Sie richten sich an den Qualifikationszielen der massgebenden Bildungserlasse aus.
- b. Sie bewerten und gewichten die mündlichen, schriftlichen und praktischen Teile ausgewogen im Hinblick auf die Besonderheiten des entsprechenden Qualifikationsfeldes und berücksichtigen die Erfahrungsnoten aus Schule und Praxis.
- c. Sie verwenden adäquate und zielgruppengerechte Verfahren zur Feststellung der zu beurteilenden Qualifikationen.

2 Die Feststellung einer Qualifikation im Hinblick auf einen Ausweis oder Titel erfolgt auf Grund von abschliessenden fachübergreifenden Prüfungsverfahren oder durch äquivalente Verfahren.

Art. 31 Andere Qualifikationsverfahren (Art. 33 BBG)
1 Als andere Qualifikationsverfahren gelten Verfahren, die in der Regel nicht in Bildungserlassen festgelegt, aber geeignet sind, die erforderlichen Qualifikationen festzustellen.

2 Qualifikationsverfahren nach Absatz 1 können für besondere Personengruppen standardisiert und in den massgebenden Bildungserlassen geregelt werden.

 

Art. 32 Besondere Zulassungsvoraussetzungen (Art. 34 Abs. 2 BBG)
Wurden Qualifikationen ausserhalb eines geregelten Bildungsganges erworben, so setzt die Zulassung zum Qualifikationsverfahren eine mindestens fünfjährige berufliche Erfahrung voraus.

 

Art. 33 Wiederholung von Qualifikationsverfahren
1 Wiederholungen von Qualifikationsverfahren sind höchstens zweimal möglich. Bereits früher bestandene Teile müssen nicht wiederholt werden. Die Bildungserlasse können für die Wiederholungspflicht strengere Anforderungen aufstellen.

2 Termine für die Wiederholung werden so angesetzt, dass den zuständigen Organen keine unverhältnismässigen Mehrkosten entstehen.

 

Art. 34 Bewertung (Art. 34 Abs. 1 BBG)
1 Die Leistungen in den Qualifikationsverfahren werden in ganzen oder in halben Noten ausgedrückt. 6 ist die höchste, 1 die tiefste Note. Noten unter 4 stehen für ungenügende Leistungen.

2 Andere als halbe Noten sind nur für Durchschnitte aus den Bewertungen zulässig, die sich aus einzelnen Positionen der entsprechenden Bildungserlasse ergeben. Die Durchschnitte werden auf höchstens eine Dezimalstelle gerundet.

3 Die Bildungserlasse können andere Bewertungssysteme vorsehen.

 

Art. 35 Abschlussprüfungen der beruflichen Grundbildung (Art. 17 BBG)
1 Für die Durchführung der Abschlussprüfungen der beruflichen Grundbildung setzt die kantonale Behörde Prüfungsexpertinnen und -experten ein. Die zuständigen Organisationen der Arbeitswelt haben ein Vorschlagsrecht.

2 Die Prüfungsexpertinnen und -experten halten die Resultate sowie ihre Beobachtungen während des Qualifikationsverfahrens schriftlich fest, einschliesslich Einwände der Kandidatinnen und Kandidaten.

3 Benötigt eine Kandidatin oder ein Kandidat auf Grund einer Behinderung besondere Hilfsmittel oder mehr Zeit, so wird dies angemessen gewährt.

4 In Fächern, die zweisprachig unterrichtet wurden, kann die Prüfung ganz oder teilweise in der zweiten Sprache stattfinden.

5 Die für die Durchführung der Abschlussprüfungen zuständigen Organe entscheiden durch Verfügung über die Erteilung eines eidgenössischen Fähigkeitszeugnisses oder eines eidgenössischen Berufsattests.

 


Art. 39 Kostenbeteiligung (Art. 41 BBG)
1 Materialkosten und Raummieten fallen nicht unter die Prüfungsgebühren nach Artikel 41 BBG und dürfen den Anbietern von Bildung in beruflicher Praxis ganz oder teilweise in Rechnung gestellt werden.

2 Bei Qualifikationsverfahren von Personen ausserhalb eines Bildungsverhältnisses der beruflichen Grundbildung kann die Behörde das erforderliche Material und allfällige zusätzlich entstehende Kosten den Kandidatinnen und Kandidaten ganz oder teilweise in Rechnung stellen.

3 Die Regelung der Kostenbeteiligung für die Qualifikationsverfahren ausserhalb der Grundbildung bedarf der Zustimmung des Bundesamtes, sofern die Qualifikationsverfahren nicht kantonal durchgeführt werden.

4 Die Einkünfte aus Entgelten für eidgenössische Berufsprüfungen und eidgenössische höhere Fachprüfungen dürfen die Vollkosten der Trägerschaft im sechsjährigen Durchschnitt unter Berücksichtigung einer angemessenen Reservebildung nicht übersteigen.