Projekt

Untersuchung von «Hypersensibilität» bei emotional intelligenten Personen: Hintergründe und Konsequenzen

Mit diesem Forschungsprogramm wird untersucht was als «Hypersensibilität» emotional intelligenter Personen bezeichnet wird: Personen mit hoher emotionaler Intelligenz können durch eine höhere Reaktivität auf Informationen und Gefühlsäusserungen charakterisiert werden. Anhand der Ergebnisse soll die Frage geklärt werden, ob emotionale Intelligenz eher Fluch oder Segen ist und warum dies so ist.

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Emotionale Intelligenz (EI) ist ein relativ neuer Begriff, der vor dreissig Jahren in der psychologischen Literatur eingeführt wurde und dessen Verwendung seither in den Wissenschaften und in Anwendungen enorm zugenommen hat. Das Konzept der emotionalen Intelligenz umfasst Fähigkeiten und Selbsteinschätzungen, die mit der Wahrnehmung, der Nutzung, dem Verstehen und der Beeinflussung von Emotionen zu tun haben (Petrides und Furnham, 2001; Salovey und Mayer, 1990). In den letzten Jahren wurden bei der Klärung einiger kritischer Aspekte des Konzepts grosse Fortschritte erzielt. Zu diesen Aspekten zählen die zunehmende Aussagekraft des Konzepts, der Zusammenhang mit Intelligenz und Persönlichkeit und die Frage, wie emotionale Intelligenz als Fähigkeit oder Persönlichkeitszug gemessen werden kann (Joseph MacCann, Newman und Roberts, 2014; Mayer, Caruso und Salovey, 2016).

Vielleicht aufgrund der Dringlichkeit, die bei der Klärung der Fragen zur Aussagekraft und Messung geboten war, haben die Wissenschaftler dem Verständnis der psychologischen Prozesse hinter den individuellen Differenzen bei der emotionalen Intelligenz bisher nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt (Fiori, 2009). Wir wissen zwar, dass emotionale Intelligenz (meist) positiv mit Gesundheit, akademischem Abschneiden und sozialer Interaktion korreliert, nicht bekannt ist jedoch, welche emotionalen und kognitiven Prozesse dahinterstehen und wie sie bei Personen mit hoher EI im Vergleich zu solchen mit niedriger EI wirken. Die Prozesse hinter der emotionalen Intelligenz müssen genauer verstanden werden, wenn wir das Konzept weiter ausbauen und die widersprüchlichen Ergebnisse hinsichtlich der Wirkung der EI auf verschiedene Fähigkeiten erklären wollen. Neben zahlreichen Arbeiten über eine positive Wirkung der EI wurde in der theoretischen Literatur an einigen wenigen Stellen auch erwähnt, dass emotionale Intelligenz negative Auswirkungen haben könnte, und die Zahl der empirischen Studien, die von Nachteilen emotionaler Intelligenz berichten, nimmt ebenfalls zu.

Ziel dieses Forschungsprogramms ist es, diese wichtige Lücke in der Literatur – dass ein klares Verständnis der Funktionsweise der EI weiterhin fehlt – zu füllen. Dazu wird eine Neufassung des EI‑Konzepts eingeführt, wonach emotionale Intelligenz wie ein Vergrösserungsglas wirkt, durch das diese Personen dem, was um sie herum geschieht, einen besonderen Wert und eine besondere Bedeutung zumessen und so ihre emotionale Erfahrung und deren Auswirkungen auf die (soziale) Wahrnehmung verändern. Vorläufige Ergebnisse, die diese Sichtweise der EI stützen, gibt es bereits (Fiori und Ortony, 2016). Der Grundgedanke dahinter lautet, dass Personen mit hoher emotionaler Intelligenz durch eine stärkere Empfänglichkeit für Emotionen und gefühlsauslösende Informationen charakterisiert werden können, ein Phänomen, das als emotionale «Hypersensibilität» bekannt ist. Im vorliegenden Forschungsprogramm soll nun die Hypersensibilität von Personen mit hoher emotionaler Intelligenz durch einen experimentellen Ansatz analysiert werden: Erstens untersuchen wir die kognitiven und affektiven Hintergründe für eine Hypersensibilität bei Personen mit hoher EI, und zweitens prüfen wir die Umstände, die das Abschneiden oder Verhalten dieser emotional hoch intelligenten Personen behindern oder fördern können. Diese zwei Fragen sollen durch die Untersuchung von Personen sowohl aus der allgemeinen Bevölkerung als auch aus dem Kreis der Begabten beantwortet werden. Der Vergleich dieser zwei Zielgruppen wird ein besseres Verständnis dafür liefern, wie emotionale Hypersensibilität mit Intelligenz zusammenhängt, welches ihre Prozesse sind und wie sie die Gedanken und das Verhalten beeinflusst.

Dank der Ergebnisse dieses Forschungsprogramms werden EI-Forschende in der Lage sein, besser zu verstehen, wie emotionale Intelligenz funktioniert. Sie werden genauere Modelle dafür liefern können, wie sich emotionale Intelligenz auf die Leistungsfähigkeit und das Verhalten auswirkt. Die Trainingsprogramme für Kinder, Erwachsene und begabte Menschen werden zudem stark von Modulen profitieren, in denen diese Menschen lernen, wie sie ihre emotionale Hypersensibilität so beeinflussen können, dass die Kraft ihrer Emotionen voll ausgeschöpft wird.

Die Ergebnisse dieser Forschungsarbeit werden insbesondere Anhaltspunkte dafür liefern, wie und wann emotionale Intelligenz mit positiven und negativen Leistungen in Zusammenhang gebracht werden kann. Letztendlich wird diese Studie auch die vordergründige Frage beantworten: Ist emotionale Intelligenz eher Fluch oder Segen, und warum ist das so?

Methode

Quantitative Untersuchung anhand von Daten, die mit Fragebögen, Umfragen und experimentellen Aufgaben gesammelt wurden.

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