Projekt

Evaluation des Projektes "Kochtalentklasse" der Allgemeinen Berufsschule Zürich (ABZ)

2018 wurde an der Allgemeinen Berufsschule Zürich (ABZ) eine Koch-Talentklasse eingeführt. Die EHB hat die ABZ dabei wissenschaftlich begleitet – von der Unterstützung bei der Selektion der Lernenden für die Talentklasse bis zur Beantwortung der Frage, inwiefern sich Lernende der Talentklasse von Lernenden in Vergleichsklassen in ihren Kompetenzen und ihren Plänen für die Zeit nach der Lehre unterscheiden.

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Die Allgemeine Berufsschule Zürich (ABZ) hat 2018 eine Talentklasse Koch eingeführt. Hier werden überdurchschnittlich leistungsstarke Lernende in einer Klasse zusammengefasst und zusätzlich gefördert. Die Selektion erfolgt unter Berücksichtigung mehrerer Perspektiven: Die Lehrpersonen (Berufsschule und üK) und die Berufsbildenden geben Eine Einschätzung zu ihren Lernenden ab und die Lernenden legen ihr Interesse in einer Bewerbung dar. ,Basierend auf diesen verschiedenen Einschätzungen werden 15-20 Lerndende in die Talentklasse aufgenommen. Mit diesen talentierten und hochmotivierten Lernenden wird der herkömmliche Stoff in 75% der zur Verfügung stehenden Zeit abgedeckt, um Raum zu schaffen für einen tieferen Einblick in die Materie oder für komplexere Projekte. Zentral ist die berufliche Förderung. So können 6-10 Tage pro Schuljahr in die Zusatzleistungen investiert werden. Im ersten Lehrjahr steht das Produkte- und im zweiten Jahr das Produktionswissen im Vordergrund. Im dritten Jahr geht es primär um die Anwendung des Wissens, das Sammeln von Erfahrungen und den Aufbau eines beruflichen Netzwerks.

Die Fachstelle Evaluation der Eidgenössischen Hochschule für Berufsbildung EHB war mit der Evaluation dieses Projektes beauftragt. Dabei wurden die Sichtweisen der verschiedenen Akteure (insbesondere Lernende, Lehrpersonen und Berufsbildende) zu verschiedenen Zeitpunkten der Lehre einbezogen. Folgende Evaluationsfragestellungen standen im Vordergrund:

  • Wie zufrieden sind verschiedene Akteure mit dem Programm?
  • Wie verläuft die Kompetenzentwicklung im Bereich überfachlicher Kompetenzen?
  • Wie verläuft die Kompetenzentwicklung im Bereich der fachlichen Kompetenzen?
  • Wie entwickelt sich die Motivation der Lernenden aus der Talentklasse? Inwiefern existiert ein Unterschied zu anderen Lernenden?
  • Inwiefern kann der Zusatzstoff (25%) in die Praxis nutzbringend transferiert werden?
  • Wie beurteilen die Betriebe die Lernenden der Talentklasse im Vergleich zu den anderen Lernenden?
  • Wie wird die Organisation beurteilt?
  • Inwiefern lohnt sich der Mehraufwand finanziell und zeitlich?
  • Welches Verbesserungspotenzial besteht?
Methode

Konkret werden folgende wissenschaftliche Begleitaktivitäten realisiert:

  • Unterstützung bei der Selektion der Lernenden für die Talentklasse
  • Online-Erhebung bei Lernenden der Talentklasse und Vergleichsklassen zu mehreren Zeitpunkten während der Lehre
  • Workshop mit Lernenden der Talentklasse
  • Workshops mit und/oder schriftliche Befragungen bei Lehrpersonen der Talent- und Vergleichsklassen
  • Workshops mit und/oder schriftliche Befragungen bei Berufsbildenden der Talentklasse
Ergebnisse

Bereits zu Beginn des zweiten Semesters zeigten sich Unterschiede zwischen den Lernenden der Talent- und Vergleichsklassen: Die Lernenden der Talentklasse waren zuversichtlicher, dass sie ihre Lehre erfolgreich abschliessen, und sie schätzten sich höher bezüglich Methoden- und Personalkompetenz, sowie beim Engagement ein. Diese Unterschiede blieben in den weiteren beiden Erhebungszeitpunkten grösstenteils stabil. Zusätzlich zeigte sich bei den Lernenden der Talentklasse im vierten und sechsten Semester eine höhere Anstrengungsbereitschaft, weniger Burn-out Symptome, und sie schätzten das Klassenklima wesentlich positiver ein als die Lernenden der Vergleichsklassen. Auch die Anschlusslösungen nach der Lehre zeigen klare Unterschiede: Bei den Lernenden der Talentklasse hatten mehr Lernenden bereits eine Stelle in Aussicht und es hatten sich mehr Personen für die Berufsmaturität eingeschrieben als bei den Lernenden der Vergleichsklassen. Auch hatten bei den Lernenden der Talentklasse mehr Personen einen konkreten Plan für die nächsten 2-5 Jahre als bei den Lernenden der Vergleichsklassen.

Die Lernenden der Talentklasse waren sehr zufrieden mit dem Einsatz der 25% neuen Inhalte und sahen auch kein Problem in der Komprimierung des Lernstoffes. Auch die Lehrpersonen waren der Ansicht, dass die Lernenden die Komprimierung des Lernstoffes gut verkraftet haben. Auch die ursprüngliche Befürchtung, dass die Vergleichsklassen ihre «Zugpferde» verlieren und das Niveau sinken würde hat sich nicht bewahrheitet: In der Mehrheit der Klassen haben andere Lernende diese Rolle übernommen und es wurde teils von einer «Beruhigung» in der Klasse gesprochen.

Die Berufsbildenden bestätigten die hohe Motivation der Lernenden, fanden aber teilweise, dass die 25% Zeit besser für Grundlagen eingesetzt werden sollten (und weniger für Spezialprojekte).

Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die Einführung einer Talentklasse gewinnbringend sein kann: Die Lernenden der Talentklasse werden durch die Angebote der Lehrpersonen stärker gefördert und fühlen sich auch durch den Austausch mit ihren Klassenkameraden motivierter in der Lehre.