Projekt

Lehrpersonen der höheren Fachschulen in einer herausfordernden Situation - Der Übergang vom konventionellen Unterricht zum Fernunterricht

Im Frühling 2020 und Herbst/Winter 2020/2021 war der Präsenzunterricht auf der Tertiärstufe schweizweit untersagt. Die Chancen und Risiken dieser Umstellung und des damit erzwungenen Digitalisierungsschubs untersuchten wir in einer Studie im letzten Jahr.

A female student studies online.
Adobe Stock/Vadim Pastuh

Darauf aufbauend führen wir gegenwärtig eine Studie zu den Erfahrungen während der zweiten Fernlehrzeit durch. Gegenstand dieser Studie ist, ob und wie die ersten Erfahrungen mit digitalen Unterrichtsformen in der zweiten Phase des Fernunterrichts verwertet und anschliessend im Post-Corona-Unterrichtssetting integriert wurden. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse zu Chancen und Risiken digitaler Unterrichtsformen werden Lehrpersonen dabei unterstützen ihren Unterricht zukunftsfähig zu reformieren und Lernende optimal auf die digitalisierte Arbeitswelt vorzubereiten.

Wir legen den Schwerpunkt in dieser Studie auf zwei zentrale Aspekte. Erstens untersuchen wir, wie die Lehrpersonen die Erfahrungen mit dem digitalen Unterricht aus der ersten Phase des Fernunterrichts in die zweite Phase im Herbst/Winter 2020/21 integriert haben. Zweitens erfassen wir die Wirkung der gemachten Fernlehr- und Lernerfahrung auf den «normalen» Unterricht nach Corona. In der ersten Studie beabsichtigte die Mehrheit der Lehrpersonen, den «normalen» Unterricht in Zukunft verstärkt durch digitale Technologien und andere innovative Lernformen (bspw. blended learning) zu ergänzen. Wir untersuchen nun, wie die Lehrpersonen ihren Unterricht nach Beendigung des Fernunterrichts adaptiert haben und wie sich dies auf (unterschiedliche) Lernende auswirkt.

Im Zentrum stehen daher folgende Fragestellungen:

1. Wie haben die Lehrpersonen die gesammelten Erfahrungen mit dem digitalen Lehren und Lernen der ersten Fernlernphase in die zweite Phase des Fernunterrichts integriert?

  • Welche digitalen Lern- und Lehrformen wurden neu eingeführt, welche wiederverwendet und auf welche wurde ganz verzichtet? Aus welchen Gründen? (Strategien)
  • Was waren die Gründe für eine (erfolgreiche) Adaption in der zweiten Phase?

2. Wie wirken sich die gesammelten Erfahrungen des Fernlehrens auf den Unterricht nach Corona aus? Wie wirkt sich dies auf die Lernenden aus?

  • Inwiefern haben die Lehrpersonen die angeeigneten (digitalen) Kompetenzen und ihre Unterrichtserfahrung im Fernunterricht in ihren herkömmlichen Unterricht integriert?
  • Welche Lehrpersonen haben die Lehrformen nach Beendigung des Fernunterrichts angepasst und auf welche Weise?
  • Welche Lehrpersonen haben sich wie weitergebildet?
  • Welche Chancen und Risiken ergeben sich daraus für verschiedene Lernende resp. Lerntypen?

3. Führt die erzwungene Umstellung auf Fernunterricht auch längerfristig zu einem Digitalisierungsschub an den höheren Fachschulen?

Die Resultate unserer Studie dienen dazu, massgeschneiderte Bildungsangebote zu entwickeln, um die digitalen Kompetenzen von Lehrpersonen längerfristig zu stärken. Den Blick richten wir aber auch auf die fortwährende Digitalisierung der höheren Fachschulen. Einsicht in die Erfahrungen der Lehrpersonen zum Fernunterricht können die Schulen dabei unterstützen, ihr Unterrichtsangebot weiterzuentwickeln. Ziel unserer Studie ist es daher auch, Weiterentwicklungsbedarf zu thematisieren und Best Practices für den Unterricht an höheren Fachschulen abzuleiten.

Methode

In der ersten Studie bildete eine Online-Befragung von Lehrpersonen höherer Fachschulen die Datenbasis. An der Umfrage im Herbst 2020 nahmen 187 Lehrpersonen aus rund 20 höheren Fachschulen der Deutschschweiz teil.

In der zweiten Studie führen wir nun gegenwärtig qualitative leitfadengestützte Interviews mit Lehrpersonen verschiedener höherer Fachschulen und Richtungen durch, um die gewonnen Erkenntnisse der ersten Studie zu vertiefen.

Dieses qualitativ-quantitativ gemischte Vorgehen erlaubt es, Herausforderungen und Potenziale der durch die Corona-Pandemie verursachten Veränderungsprozesse in der Lehre zu erfassen und konkrete Empfehlungen für den Unterricht an höheren Fachschulen abzuleiten.

Ergebnisse

Die vollständige Umstellung auf Fernunterricht war eine Notlösung und dürfte auch in Zukunft nur in Ausnahmefällen vorkommen. Die deskriptive Auswertung der ersten Studie zeigte zwar, dass Lehrpersonen die Unterrichtserfahrung mehrheitlich positiv beurteilten und die Umstellung als Gelegenheit wahrnahmen, den Umgang mit neuen digitalen Tools zu lernen. Dennoch war der Fernunterricht gegenüber dem Präsenzunterricht auch mit eindeutigen Nachteilen verbunden. Insbesondere den fehlenden (persönlichen) Kontakt sowie die unzureichenden Möglichkeiten der Begleitung und Unterstützung der Lernenden, den Einsatz von adäquaten Unterrichtsmethoden und das Prüfen erlebten Lehrpersonen der höheren Fachschulen als herausfordernd. Darüber hinaus schätzten die Lehrpersonen auch den Lernerfolg der Lernenden kritisch ein.

Nähere Informationen zu den Auswertungen der ersten Studie sind hier erhältlich.

Die Resultate der zweiten Studie werden im 2022 veröffentlicht.

Publikationen
Transfer in die Praxis