Wie die Digitalisierung den Arbeitsmarkt verändert

Zollikofen, 8. November 2017 – Das Eidgenössische Hochschulinstitut für Berufsbildung EHB und das Beratungsbüro Infras haben im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO untersucht, wie sich auf dem schweizerischen Arbeitsmarkt die Anforderungen an die Arbeitnehmenden im Zuge der Digitalisierung verändern. Eines der zentralen Resultate: Neue Kompetenzen sind gefragt.

Ein Forschungsteam des Eidgenössischen Hochschulinstituts für Berufsbildung EHB und des Beratungsbüros Infras hat in die nahe Vergangenheit geblickt. Es hat untersucht, wie sich die Kompetenzanforderungen auf dem Schweizer Arbeitsmarkt in den letzten fünf bis zehn Jahren unter dem Einfluss der Digitalisierung entwickelt haben.

Eine der zentralen Fragen war, wie sich die Anforderungen an die Beschäftigten verändert haben. Hier zeigt sich: Der Digitalisierungstrend betrifft alle Branchen und Berufe – die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sind aber bislang eher moderat. Während Produktionsberufe an Bedeutung verlieren, werden technische Berufe und Dienstleistungsberufe wichtiger. Und während Berufe mit höheren Anteilen an analytischen und interaktiven Nicht-Routinetätigkeiten bedeutender werden, geraten solche mit manuellen Routinetätigkeiten eher unter Druck. Die Tätigkeiten verändern sich – dieser Wandel findet sowohl zwischen wie innerhalb der Berufe statt.

Kein Anstieg von Mismatchphänomenen

Weiter untersuchte die Studie, ob sich die Kompetenzen der Beschäftigten an die vom Arbeitsmarkt nachgefragten Kompetenzen anpassen, oder ob ein Mismatch zwischen Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage zu beobachten ist. Die Erkenntnisse dazu: Jüngere Arbeitnehmende mit Tertiärabschluss fördern den Anpassungsprozess. Im Beobachtungszeitraum zeigte sich zudem kein Anstieg von Mismatchphänomenen. Es gibt eine zunehmende Höherqualifikation, vor allem mehr Personen mit Berufsmaturität und Fachhochschulabschluss. Anders als in vielen Industriestaaten finden sich keine Anzeichen für eine Polarisierung, das heisst kein Anwachsen der Beschäftigungsanteile im hohen und tiefen Qualifikationsbereich auf Kosten der Mitte.

Viele neue Anforderungen

Schliesslich untersuchte das Forschungsteam auch, welche Kompetenzen auf dem Arbeitsmarkt an Stellenwert verloren haben, und welche wichtiger geworden sind. Im Anpassungsprozess an neue digitale Technologien gewinnen übergreifende Kompetenzen wie Kommunikationsfähigkeiten und kritisches Denken an Bedeutung. Zugleich gewinnen aber auch berufliche Fachkompetenzen an Bedeutung, nämlich im Umgang mit den diversen neuen Technologien. Häufig müssen zur Bewältigung von beruflichen Situationen überfachliche und Fachkompetenzen in Kombination eingesetzt werden. Expertinnen und Experten aus der Berufswelt nennen also viele neue Kompetenzanforderungen, alte fallen jedoch (noch?) kaum weg.

Die Resultate beruhen erstens auf einer Auswertung der aktuellen Literatur. Zweitens wurden neue Daten des deutschen Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IAB zu Tätigkeiten von Beschäftigten statistisch analysiert. Drittens wurden Interviews und Workshops mit Expertinnen und Experten durchgeführt. So wurden unter anderem die konkreten Veränderungen der Kompetenzanforderungen in fünf Berufen vertieft untersucht.

 

Die Studie soll dazu beitragen, den Anpassungsprozess an die Herausforderungen der Digitalisierung erfolgreich zu gestalten. Die Ergebnisse dieser Studie sind in den heute publizierten Bericht des Bundesrates zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt eingeflossen.

 

Auskunft erteilt:

Prof. Dr. Jürg Schweri, Co-Leiter Forschungsschwerpunkt Steuerung der Berufsbildung,
+41 58 458 27 82, @email

Jacques Andres, Leiter Kommunikation EHB, +41 58 458 27 12, jacques.andres@ehb.swiss