Kompetenzbildung mit mySkillbox

Mit mySkillbox lanciert der das Eidgenössische Hochschulinstitut für Berufsbildung (EHB) in Zusammenarbeit mit dem hep für Berufsbildung (EHB) eine Lernplattform für den allgemeinbildenden Unterricht. Seit August arbeiten erste Testklassen mit der Online-Plattform. Wir wollten von den EHB-Dozierenden Daniel Schmuki und Rahel Eckert-Stauber mehr über das didaktische Konzept und das Engagement des EHB in diesem Projekt wissen.

Das EHB ist Herausgeberin von mySkillbox. Welches sind Ihre Aufgaben im Projekt?

Rahel Eckert-Stauber (RES): Wir geben das didaktische Konzept vor, situieren und strukturieren die Themen, entwickeln Lernziele, Instrumente und kompetenzorientierte formative Aufgaben. Wir geben also gewissermassen den Rahmen und die Zielrichtung vor.

 

Was unterscheidet mySkillbox von anderen digitalen Lehrmitteln wie zum Beispiel dem eLehrmittel?

RES: Da ist erstens der rein technische Aspekt: Bei mySkillbox handelt es sich um eine Online-Plattform und nicht wie bei den bisherigen eLehrmitteln um eine App. So werden zweitens die digitalen Möglichkeiten deutlich stärker ausgeschöpft als bisher und man hat als Lehrperson die Möglichkeit, einzelne Inhalte auszublenden und durch eigene zu ersetzen. Drittens – und das ist für uns als Herausgeberinnen und Herausgeber am entscheidendsten – setzen wir in mySkillbox erstmals unsere EHB-ABU-Didaktik konsequent in einem Lehrmittel um. Auf einer Plattform, die beide Lernbereiche («Gesellschaft» und «Sprache und Kommunikation») gleich stark gewichtet und miteinander verknüpft.

 

Was zeichnet die EHB-ABU-Didaktik aus?

Daniel Schmuki (DS): Wenn wir im ABU Kompetenzen aufbauen wollen, brauchen wir den Bezug zu lebensnahen, problemhaltigen Situationen. Denn kompetenzorientierter Unterricht ist immer auf das Lösen von Problemen ausgerichtet, die in ausgewählten Situationen stecken. Wir müssen also im Rahmen einer solchen Situationsdidaktik zwei Fragen beantworten: Was sollen die Lernenden im ABU lernen? Und wie gestalten wir Lernprozesse, die die Lernenden bei diesem Kompetenzaufbau unterstützen?

RES: Vereinfacht gesagt: Die Lernenden sollen nach der Arbeit mit mySkillbox etwas besser können, als sie es bis anhin konnten. Nehmen wir doch ein Beispiel aus dem Lernbereich «Sprache und Kommunikation» – das Argumentieren. Argumentieren ist heutzutage eine zentrale Sprachhandlung, die unsere Lernenden nicht nur im Beruf, sondern auch im privaten, sozialen und gesellschaftlichen Umfeld immer wieder unter Beweis stellen müssen. Diese Kompetenz wollen wir im allgemeinbildenden Unterricht gezielt üben und weiterentwickeln.

 

Wie bauen Sie die Kompetenzen in mySkillbox auf?

DS: Wir geben den Lernenden taugliche Instrumente in die Hand, mithilfe derer sie herausfordernde Situationen bewältigen können. Diese Instrumente sind immer auf das Verstehen von Zusammenhängen und auf die Anwendung ausgerichtet. Und sie bieten den Lernenden eine echte Hilfestellung. Zentraler Lerninhalt von mySkillbox ist es, den zielorientierten Einsatz solcher Instrumente einzuüben.

RES: Fürs Argumentieren ist das beispielsweise der argumentative Vier-Schritt. Wir führen diesen Vier-Schritt anhand einer im Leben der Lernenden verorteten Situation nach und nach ein und üben ihn in vielfältigen Situationen – immer mit dem Ziel vor Augen, dass die Lernenden mit der Zeit grössere Sicherheit, Leichtigkeit, Gewandtheit und vielleicht gar Eleganz im Argumentieren gewinnen.

Sie sprechen von Instrumenten. Ist das denn nicht einfach ein anderer Begriff für Wissen?

RES: Wenn wir am EHB von Instrumenten sprechen, meinen wir Wissen, das in einem instrumentalen Sinne eingesetzt wird. Selbstverständlich braucht es Wissen, aber dieses ist nicht Selbstzweck, sondern dient dazu, eine anvisierte Handlungssituation besser zu bewältigen. Einen Schraubenzieher haben wir ja auch nicht einfach um seiner selbst willen in unserer Werkzeugkiste – ausser wir sammeln seltene Schraubenzieher.

DS: Genau! Instrumente sind eine Ressource. Sie bestehen primär aus Konzeptwissen und prozeduralem Wissen. Letzteres zeigt den Lernenden, wie und in welcher Reihenfolge sie effektiv Probleme angehen und lösen können. Das Faktenwissen verschwindet nicht, aber es verliert an Bedeutung, weil es nicht in einem instrumentalen Sinne eingesetzt werden kann. Wenn ich beispielsweise die sieben Bundesräte aufzählen kann, hilft mir das nicht, eine problemhaltige Situation zu bewältigen – ausser ich mache an einer Quizshow mit. Der Ausdruck «Instrument» ist nach unserem Verständnis ein Sammelbegriff für meist fachliche, selten überfachliche geistige Werkzeuge.

RES: Der argumentative Vier-Schritt etwa besteht zur Hauptsache aus prozeduralem Wissen: Wie baue ich eine Argumentation sinnvoll auf? Welche Schritte muss ich gehen, um mein Argument verständlich, stichhaltig und überzeugend an meine Adressaten zu bringen? Zusätzlich brauche ich ein paar Redemittel, also Ausdrücke und sprachliche Wendungen, mit denen ich meine vier Schritte einleiten, überleiten und abrunden kann. Wenn ich diese beiden Instrumente einübe und sie in verschiedenen Situationen immer wieder anwende, baue ich meine argumentative Kompetenz nach und nach auf und kann sie schliesslich auch in ausserschulischen Kontexten brauchen.

 

Wie bauen die Lernenden ihre Kompetenzen in mySkillbox konkret auf?

DS: Sie erwerben und üben das neue Wissen – insbesondere eben die Instrumente – situationsbezogen und anwendungsorientiert. So ermöglichen wir den Lernenden, dieses neue Wissen erfolgreich mit ihrem Vorwissen zu verknüpfen. Mit guten Lern- und Übungsaufgaben versuchen wir, die «Black Box» der Lernenden für die Lehrperson und Mitlernenden zu öffnen, damit wirksame Rückmeldungen möglich werden. So schliessen wir den Lernprozess immer mit zumindest einer Transferaufgabe ab, die dem kompetenzorientierten Lernziel entspricht. Richtig umgesetzt hat mySkillbox das Potenzial, den Unterricht grundlegend Richtung Kompetenzorientierung zu verändern.

 

Wie verändert sich die Rolle der Lehrperson, wenn sie mit mySkillbox arbeitet?

RES: Die Lehrperson ist weniger Stoffvermittlerin, sondern vielmehr Lernprozessbegleiterin, die präzise Auswertungen vornimmt und inhaltlich glasklare Rückmeldungen gibt. Sie fordert einerseits heraus, indem sie die Lernenden mit problemhaltigen Situationen konfrontiert. Andrerseits erleichtert sie ihnen die Arbeit, indem sie ihnen taugliche Instrumente in die Hand gibt.

 

Seit Sommer arbeiten die ersten Testklassen mit mySkillbox, was erwarten Sie von der Testphase?

DS: Wir sind natürlich sehr gespannt auf die ersten Erfahrungen und Rückmeldungen – sowohl der Lernenden als auch der Lehrpersonen. Diese Rückmeldungen
werden uns Anhaltspunkte dafür geben, was wir bei der Weiterentwicklung optimieren oder anpassen müssen.

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