«Fachlich sind die beiden deutlich besser als ich»
Timon Steeb hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, bei jungen Menschen das Feuer für den Beruf zu entfachen. Zudem ist er Coach für Lernende, die an den WorldSkills in der Disziplin Industrie 4.0 teilnehmen. An der EHB bildet er sich für diese Aufgabe weiter. Letztes Jahr gewannen seine beiden Schützlinge souverän die Goldmedaille.
Von Peter Bader
Beeindruckt war er von der kollegialen Atmosphäre. Zwischen den Wettkämpfen verbrachten Teilnehmende und Coaches aller Länder viel Zeit miteinander, spielten Karten, unterhielten sich. «Das ist erstaunlich, denn an den WorldSkills geht es ja vor allem ums Gewinnen», sagt Coach Timon Steeb.
Im Wettkampf kannten seine beiden Schützlinge keine Gnade: Die Automatiker-Lernenden Silvan Wiedmer und Yunus Ruff von der Mechatronik- Schule Winterthur wurden im Herbst 2022 in Stuttgart gemeinsam Berufsweltmeister in der Disziplin Industrie 4.0. Während vier Tagen mussten sie als Team acht Aufgaben lösen, für die sie je zwei Stunden Zeit hatten. Sie erreichten 98,6 von 100 Punkten und distanzierten die Konkurrenz um fünf Punkte.
Schweizer Berufsbildung an der Spitze
Timon Steeb ist Chefcoach und Experte für den zukunftsträchtigen Bereich Industrie 4.0 bei Swissmem, dem Verband der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie. Er betreut Lernende an internationalen Berufswettkämpfen und bereitet sie auch darauf vor. «Diese Goldmedaille unterstreicht einmal mehr, dass die Schweizer Berufsbildung weltweit zu den Besten gehört», sagt der 49-Jährige. Unter Industrie 4.0 versteht man den Trend der Digitalisierung und Vernetzung der Maschinen in der industriellen Produktion.
Während zwei Jahren konnten die beiden jungen Mechatroniker an ein bis zwei Tagen pro Woche gemeinsam mit ihrem lokalen Coach Olivier Riesen trainieren. Zudem tauschten sie sich regelmässig mit Timon Steeb aus. «Ich half ihnen vor allem bei der Arbeitsorganisation oder dabei, Aufgabenstellungen schnell zu erfassen», sagt er. Fachlich seien die beiden deutlich besser als er. «Es ist wie beim Trainer der Schweizer Ski-Nationalmannschaft: Der fährt auch nicht so schnell die Piste runter wie seine Athleten», fügt er schmunzelnd hinzu.
Auszubilden ist für ihn eine Lebensaufgabe. Das sei ihm schon nach Abschluss seiner Lehre als Werkzeugmacher klar gewesen. Er wolle bei den jungen Menschen das Feuer für den Beruf entfachen. Gerade heute habe er mit einem Lernenden ein Standortgespräch geführt. «Seine Arbeit gefällt ihm, er fühlt sich wohl in unserem Betrieb – das ist für mich eine enorm grosse Befriedigung.»
Weiterbildung als international tätiger Experte
Nach der Lehre absolvierte Timon Steeb die Meisterprüfung, es folgten die Ausbildung zum Erwachsenenbildner und ein Nachdiplomstudium in Betriebswirtschaft. Während 12 Jahren arbeitete er unter anderem als Ausbildner am Zentrum Industrielle Berufslehren Schweiz in Baden. Heute ist er Verkaufsmitarbeiter und Ausbildner beim Unternehmen Festo Didactic, das Lerngeräte, Unterrichtsmaterialien und Seminare für die technische Bildung an Berufsfachschulen, Universitäten oder in Unternehmen anbietet.
«Es ist wie beim Trainer der Schweizer Ski-Nationalmannschaft: Der fährt auch nicht so schnell die Piste runter wie seine Athleten.»
Auch seinen drei Kindern (22, 18, 14) hilft er auf dem Weg zum richtigen Beruf. Als Fachfrau Gesundheit und als angehender Landschaftsgärtner seien die beiden Älteren bereits engagierte Berufsleute. Letzterer will sich sogar bei den kantonalen Vorausscheidungen für eine Teilnahme an den SwissSkills qualifizieren.
An Berufsmeisterschaften wird auch Timon Steeb weiterhin im Einsatz stehen. Deshalb absolviert er an der EHB das CAS als Coach und Experte an internationalen Wettbewerben. Eine Weiterbildung, die ihn überzeugt: «Die Inhalte sind hilfreich und der Austausch mit den vielen verschiedenen Berufsleuten ist inspirierend.»
- Peter Bader, freier Mitarbeiter, Kommunikation EHB