Projekt

Rollenkonflikte bei Lernenden und Qualitätswahrnehmung der dualen Berufsbildung in der Schweiz

Das Dissertationsprojekt befasste sich mit der Qualitätswahrnehmung in der dualen beruflichen Grundbildung (BGB) in der französischsprachigen Schweiz und beleuchtete die Auswirkungen der Qualität aus Sicht der Praxisakteurinnen und -akteure, insbesondere der Lernenden.

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Die Doktorarbeit war eingebettet in das vom SNF finanzierte Projekt «Qualität der beruflichen Grundbildung: Wie beurteilen die Akteurinnen und Akteure die Qualität der beruflichen Grundbildung? Und wie beeinflusst die Ausbildungsqualität das Engagement der Lernenden? Analyse an den Lernorten und Entwicklung eines wissenschaftlich fundierten Instruments.

Bei der beruflichen Sozialisation im Rahmen der betrieblichen Ausbildung sind Lernende mitunter mit Rollenkonflikten konfrontiert, die sich aus ihrem ambivalenten Status ergeben. So zeigte sich etwa, dass Lernende zwar als Auszubildende betrachtet werden, es aber ebenso Situationen gibt, in denen sie als Mitarbeitende wahrgenommen werden.

Diese Rollenkonflikte widerspiegeln einen für die duale BGB typischen Aspekt, weshalb die Berufsbildungsqualität und Rollenkonflikte von Lernenden in einen Zusammenhang gestellt werden.

Überdies wurde auch der Zusammenhang zwischen Qualitätswahrnehmung – Zufriedenheit, berufliches und schulisches Engagement – und Rollenkonflikten untersucht. Folglich wurden in dieser Arbeit in erster Linie die Erfahrungen und Wahrnehmungen der Lernenden in ihrem Lehrbetrieb untersucht, ohne dabei die schulischen Erlebnisse zu vernachlässigen, denn auch sie bildeten die Qualität der dualen BGB ab.

Die Dissertation soll aufzeigen, in welchem Mass und wie diese Rollenkonflikte auf die Qualitätswahrnehmung in der dualen beruflichen Grundbildung einwirken und wie sie insbesondere die Zufriedenheit und das Engagement der Lernenden beeinflussen.

Betreuende Dissertation:

Methode

Für den theoretischen Rahmen kamen vorwiegend arbeitspsychologische und bildungswissenschaftliche Methoden zur Anwendung. Das Projekt untersuchte in der französischsprachigen Schweiz vier Berufsfelder der BGB: Baugewerbe, Coiffeur- und Kosmetikgewerbe, Detailhandel sowie Wirtschaft und Verwaltung. Im Dissertationsprojekt wurde bevorzugt auf gemischte Methoden zurückgegriffen: Aussagen aus Fokusgruppen mit Lernenden, Berufsfachschullehrpersonen und Berufsbildnerinnen und Berufsbildnern wurden thematisch untersucht; die daraus abgeleiteten Themen wurden in einen Fragebogen eingebaut, der den Lernenden vorgelegt wurde und dessen Ergebnisse digital analysiert wurden. In einem späteren Schritt ist eine zweite Fragebogen-Runde geplant; ferner sollen Längsschnittuntersuchungen durchgeführt werden.

Ergebnisse

Die erste Publikation der Dissertation stellte die Rollenkonflikte als negatives Qualitätsmerkmal in den Vordergrund.Diese Rollenkonflikte äussern sich sowohl bei Lernenden als auch bei den Berufsbildungsverantwortlichen in dichotomischer Form in der Schule und im Betrieb.Die Lernenden «pendeln» je nach Kontext und Lernort zwischen dem Status als Schüler/innen, Lernende und als Angestellte im Ausbildungsbetrieb.In der zweiten Publikation wurden verschiedene Rollenkonflikte bei den Lernenden identifiziert, die als Faktoren statistisch validiert wurden.Verschiedene Facetten, die diese Rollenkonflikte widerspiegeln, erweisen sich als Merkmale, die die Qualitätswahrnehmung der Lernenden negativ beeinflussen.Überdies wurden die Rollenkonflikte im Rahmen von Pfadanalysen mit verschiedenen Qualitätsresultaten wie etwa Selbstwirksamkeit, Engagement, Zufriedenheit und der Absicht, den Lehrvertrag aufzulösen, in Beziehung gestellt.Die dritte Publikation beleuchtete die Unterschiede zwischen Lernenden in Bezug auf die Rollenkonflikte und identifizierte vier verschiedene Profile. Die Wahrnehmung dieser Konflikte reicht von minimal über mässig, mittel bis schwerwiegend.Weiter wurden auch Unterschiede nach Ausbildungsjahr und Branche festgestellt.Letztlich weisen die vier Profile unterschiedliche Motivationsebenen in Bezug auf die Ausbildungswahl, die berufliche Identifikation und die Absicht, den Lehrvertrag aufzulösen aus.