Projekt

Soziale Argumente der Expansion der Sekundarstufe II in der Schweiz 1960 bis 1980. Debatten, Entscheidungen, Auswirkungen und Spezifitäten auf kantonaler Ebene. (EvoSEC)

Zwischen 1960 und 1980 beeinflussten die Debatten um Chancengleichheit und um die Demokratisierung der Bildung den Ausbau der Sekundarstufe II in der Schweiz stark, allerdings mit unterschiedlichen Auswirkungen in den Kantonen.

Karl Schütz, 1973, Schulanlage Bungertwies, Baugeschichtliches Archiv, baz.e-pics.ethz.ch
Karl Schütz, 1973, Schulanlage Bungertwies, Baugeschichtliches Archiv, baz.e-pics.ethz.ch

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlebte das Schweizer Bildungssystem einen starken Ausbau, insbesondere bei den Bildungsgängen der Sekundarstufe II. Diese «Bildungsexpansion» fand in einer Zeit statt, in der die Wirtschaft nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs boomte und das Schweizer Bildungssystem dringend auf die Herausforderungen einer steigenden Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften und immer höheren Qualifikationsanforderungen reagieren musste. Neben diesen wirtschaftlichen Herausforderungen war das Schweizer Bildungssystem im selben Zeitraum auch mit sozialpolitischen Forderungen konfrontiert: Ab den 1960er-Jahren wurden Themen wie Gerechtigkeit, Chancengleichheit oder Demokratisierung der Bildung in die öffentlichen Debatten eingebracht. In den kantonalen Bildungspolitiken führten diese Forderungen allerdings zu einer unterschiedlichen Ausgestaltung der Sekundarstufe II, insbesondere hinsichtlich des Verhältnisses von Gymnasial- und Berufsbildung.

Die Bildungsexpansion wurde in der bisherigen Forschung bereits in groben Zügen beschrieben, allerdings fehlt es an eingehenden Studien zu den Auswirkungen der sozialpolitischen Debatten um Bildung. Ziel des Projekts ist es daher, den Zusammenhang zwischen sozialen Argumenten und der Bildungspolitik beim Ausbau der Sekundarstufe II in der Schweiz in den 1960er- und 1970er-Jahren zu analysieren und dabei kantonale Unterschiede herauszuarbeiten.

Das Projekt zielt auf eine Analyse der Entwicklung der gesamten Sekundarstufe II (Allgemeinbildung und Berufsbildung) in ausgewählten Kantonen (Waadt, Tessin, Freiburg, Basel-Stadt und Thurgau). Besonderes Augenmerk wird dabei auf die sozialen Argumente der Bildungsgerechtigkeit, der Chancengleichheit oder der Demokratisierung der Bildung gelegt. Untersucht wird, wie diese Argumente in den verschiedenen kantonalen Bildungspolitiken zur unterschiedlichen Ausgestaltung der Sekundarstufe II herangezogen wurden. Das Projekt fragt nach den sozialen Argumenten, nach der Art und Weise, wie sie die öffentlichen und politischen Debatten prägten, und nach den Akteuren, die sich auf sie beziehen. Darüber hinaus untersucht die Studie die konkreten Massnahmen, die ergriffen wurden, und somit die unterschiedliche Ausgestaltung der Sekundarstufe II in der Schweiz anhand von fünf ausgewählten Kantonen.

Methode

Die Forschung basiert auf der Analyse von kantonalen Dokumenten und Presseartikeln, die die damalige öffentliche Debatte widerspiegeln. Diese Quellen ermöglichen einerseits eine historische Rekonstruktion der Situation in den verschiedenen Kantonen, der bildungspolitischen Auseinandersetzungen, der konkreten Massnahmen und deren Auswirkungen. Andererseits sind sie die Grundlage einer Diskursanalyse zur Identifizierung von kantonalen Besonderheiten in den Argumenten und von Positionierungen der verschiedenen an der öffentlichen Debatte beteiligten Akteure.