Trendmonitoringmethode und -prozess

Das Schweizerischen Observatorium für die Berufsbildung OBS EHB setzt eine selbst entwickelte Monitoringmethode ein, um technologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Trends und damit verbundene Herausforderungen für die Berufsbildung zu identifizieren.

Die Basis des Trendmonitorings des Schweizerischen Observatoriums für die Berufsbildung OBS EHB bilden ein Quellenpool mit nationalen und internationalen Publikationen aus der Praxis, Forschung und Politik sowie politischen Geschäften aus der Bundesversammlung und den kantonalen Parlamenten und ein Rahmenmodell für die Quellenanalyse. In einem mehrstufigen, systematischen Prozess analysieren die Forschenden des OBS EHB aktuelle wissenschaftliche und fachliche Texte sowie die politischen Geschäfte und identifizieren Trends und potenzielle Herausforderungen für die Berufsbildung. Daraus werden weiterführende Fragestellungen entwickelt, Trendthemen identifiziert und vertieft analysiert. Publikationen, Tagungen und Workshops mit Fachexpertinnen und -experten dienen der fachlichen Diskussion und der Weiterentwicklung der Berufsbildung. 

Monitoringmethode

Leitfragen

Dem Trendmonitoring liegen die folgenden Leitfragen zugrunde:

  1. Welche technologischen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Trends und Entwicklungen wirken sich auf die Berufsbildung aus?
  2. Wie verändern sich zentrale Elemente des Berufsbildungssystems wie beispielsweise die Arbeitsmarktfähigkeit der Absolvierenden oder die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe aufgrund dieser Entwicklungen?
  3. Wo besteht Handlungsbedarf, damit das Berufsbildungssystem funktions- und zukunftsfähig bleibt?
Monitoringprozess

Um die Leitfragen systematisch zu bearbeiten, hat das OBS EHB einen mehrstufigen Monitoringprozess entwickelt.

1. Identifizieren von Veränderungen und Herausforderungen für die Berufsbildung
Diese Identifikation erfolgt, indem Forschende der EHB Trends systematisch recherchieren. Über einen ein- bis zweijährigen Zeitraum durchsuchen und analysieren sie aktuelle Publikationen aus dem Quellenpool auf Aussagen zu Trends und möglichen Herausforderungen für die Berufsbildung. Die quantitativen und qualitativen Resultate des Trendmonitorings dokumentieren sie auf der Website der EHB und zu ausgewählten Themen in kürzeren Arbeitsberichten unter «Trends im Fokus».

2. Trendthemen und Herausforderungen einordnen und weiterführende Fragestellungen formulieren
Dafür arbeiten die Forschenden ein Trendthema systematisch auf und verdeutlichen seine Bedeutung für die Berufsbildung. Dies erfolgt mittels vertiefter Literaturrecherche und Aufbereitung von statistischen Daten. Die Resultate erscheinen als Trendbericht in der entsprechenden Publikationsreihe des OBS EHB wie beispielsweise im Herbst 2018 der Trendbericht zum Thema Digitalisierung und Berufsbildung.

3. Evaluieren und vertieftes Analysieren von einzelnen Trendthemen
Die Analyse ausgewählter Trendthemen erfolgt durch spezifische Forschungs- und Entwicklungsprojekte des OBS EHB, die ebenfalls als Trendbericht erscheinen, wie zum Beispiel die Trendberichte Berufsmaturität  – Bildungsverläufe, Herausforderungen und Potenziale (2020) oder Spannungsfelder in der Berufsbildung international und in der Schweiz (2022).

4. Teilen und Weiterentwickeln der Ergebnisse
Gemeinsam mit den Verbundpartnern sowie Expertinnen und Experten der Berufsbildung diskutieren die Forschenden des OBS EHB ihre Resultate. Der Beirat OBS EHB – zusammengesetzt aus Vertreterinnen und Vertretern der Organisationen der Arbeitswelt, der Kantone, des Bundes und der Wissenschaft – erhält jährlich Ergebnisse aus dem Trendmonitoring und bewertet ihre Relevanz und Dringlichkeit für die Berufsbildung. Im Rahmen von Transferveranstaltungen mit Verbänden, Organisationen der Arbeitswelt, Betrieben und Bildungsanbietern tauscht sich das OBS EHB mit Akteurinnen und Akteuren aus verschiedenen Berufsfeldern und Bereichen der Berufsbildungspraxis über seine Erkenntnisse aus.

Grafik über den mehrstufigen Monitorinprozess
Adobe Stock/EHB
Quellenpool

Die Datenbasis des Trendmonitorings ist ein Quellenpool, der einerseits aus Texten aus derzeit rund 30 nationalen und internationalen Zeitschriften und anderen Periodika besteht, die verschiedene Disziplinen und Arbeitsbereiche im Umfeld der Berufsbildung abdecken. Dazu zählen sowohl Zeitschriften mit Peer-Review als auch grau publizierte Forschungsberichte, Diskussionspapiere und Working Paper. Andererseits beinhaltet der Quellenpool politische Geschäfte zur Berufsbildung. Für die Berufsbildung relevante politische Geschäfte werden auf Basis des Newsletters des Informations- und Dokumentationszentrums IDES zu den neueingereichten politischen Vorstössen aus den kantonalen Parlamenten und der Bundesversammlung identifiziert. Über einen ein- bis zweijährigen Zeitraum durchsuchen und analysieren die Forschenden solche Publikationen – das heisst Artikel, Berichte und politische Geschäfte aus dem Quellenpool – auf Aussagen zu Trends und möglichen Herausforderungen für die Berufsbildung.

Seit 2018 wurden mehr als 2800 Artikel und Berichte aus der Berufsbildungspraxis, -politik und Bildungswissenschaft begutachtet: Die Monitoringperiode 2022 (Herbst 2021–Herbst 2022) umfasst rund 440 Quellen aus dem Literatur- und rund 70 Geschäfte aus dem politischen Monitoring. Beispiele wichtiger Quellen des Pools sind die Folgenden:

Rahmenmodell des Trendmonitorings

Um die Leitfragen zu beantworten, analysieren Forschende des OBS EHB die Quellen mit einem dafür entwickelten Rahmenmodell und davon abgeleiteten Analysekategorien (vgl. Abb. 1). Mithilfe der Analysekategorien werden alle Quellen des Monitorings codiert, um sie später quantitativ und qualitativ auszuwerten. Die Grundlage für das Rahmenmodell bilden strategisch und wissenschaftlich bedeutsame Schweizer Bildungsdokumente (z. B. das Leitbild BB2030 (SBFI 2018), der Bildungsbericht (SKBF 2018) und die SBFI-Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation in den Jahren 2017-2020).

Die Hauptkategorien des Rahmenmodells sind:

1.    Aktuelle Megatrends
Zu den wichtigsten Megatrends gehören Höherqualifizierung und Lebenslanges Lernen, die Digitalisierung, Entwicklungen im Fachkräfte- und Arbeitsmarkt sowie das nationale und internationale Image der Berufsbildung. Gegenwärtig weniger prominente Trends sind Globalisierung und Internationalisierung, gesundheitliche und ökologische Trends oder Migration (vgl. aktuelle Resultate des Trendmonitorings 2022).

2.    Leistungsbereiche der Berufsbildung
In die "Leistungsbereiche" fallen Tätigkeiten, die die Akteure der Berufsbildung wie Betriebe, Organisationen der Arbeit, Berufsbildungsverantwortliche und Verbundpartner erbringen, um wichtige Ziele der Berufsbildung zu erreichen. Dazu gehören die betriebliche, schulische und überbetriebliche Bildungsarbeit der beruflichen Grundbildung und höheren Berufsbildung, die dabei eingesetzten pädagogisch-didaktischen Methoden, die Lehrerinnen- und Lehrerbildung, die Berufsberatung sowie Unterstützungsmassnahmen an den Übergängen, die Berufsentwicklung und die verbundpartnerschaftliche Gestaltung der Rahmenbedingungen.

3.    Wirkungen der Berufsbildung
Unter «Wirkungen» sind kurz- und mittelfristige Ziele zu verstehen, die von den Akteuren des Berufsbildungssystems erreicht werden sollen. Zu wichtigen Wirkungen gehören die Integrationsfähigkeit, die Flexibilität oder die Durchlässigkeit des Berufsbildungssystems und seiner Angebote. Ausserdem sind der Ausbildungserfolg und die Arbeitsmarktfähigkeit der Lernenden wichtige direkte Wirkungen der Berufsbildung. Hinzu kommen die berufliche Mobilität der Absolvierenden nach einer beruflichen Grundbildung, im Arbeitsmarkt und im Bildungssystem sowie der gesellschaftliche Stellenwert (das «Image») der Berufsbildung.

Übergreifende gesellschaftliche Werte wie beispielswiese Innovation, soziale Sicherheit, wirtschaftliche Prosperität und gesellschaftliche Teilhabe sind im Sinne langfristig erhoffter Outcomes eines funktionierenden Berufsbildungssystems ergänzende Kategorien im Rahmenmodell. Sie dienen der übergreifenden Diskussion der Resultate des Monitorings in Bezug auf langfristige Aufgaben und Perspektiven der Berufsbildung in der Gesellschaft.

Die Grafik zeigt das Rahmenmodell Trendmonitoring OBS EHB
Adobe Stock/EHB
Auswertung der Daten zum Trendmonitoring

Mithilfe der Analysekategorien werden alle Artikel, Berichte und politischen Geschäfte des Quellenpools codiert, das heisst verschlagwortet. Diese Codierung lässt sich für quantitative Auswertungen nutzen beispielsweise um zu erkennen, ob wichtige Leistungsbereiche oder Wirkungen der Berufsbildung besonders häufig mit einem bestimmten Trend thematisiert werden. Daraus lassen sich Hypothesen zu potenziellen Herausforderungen der Berufsbildung ableiten. Der Beirat OBS EHB und weitere Expertinnen und Experten aus der Berufsbildungsforschung und -praxis diskutieren und bewerten diese Ergebnisse in regelmässigen Abständen. Diese Bewertung fliesst in die Ausrichtung der Publikationen und der Folgeprojekte der EHB ein.

Publikationen und Produkte

Auf Basis des Trendmonitorings werden Projekte initiiert und Ergebnisse in verschiedenen Formen publiziert:

Der Transfer der Resultate wird im Austausch mit der Berufsbildungspraxis und Berufsbildungspolitik sichergestellt. Hierzu bestehen folgende Angebote:

  • Präsentationen an Tagungen und Veranstaltungen.
  • Präsentation von Trendberichten im Rahmen der OBS-Tagung zu aktuellen thematischen Schwerpunkten
  • Workshops mit dem Beirat des OBS EHB.
  • Publikationen in Fachmagazinen und wissenschaftlichen Zeitschriften
  • Spezifisch zugeschnittene Auftragsforschungs- und Beratungsprojekte beispielsweise für berufsspezifische oder kantonale Fragestellungen